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Die Sonne nähert sich langsam dem Horizont und wird bald ins Meer eintunken, um den Himmel orange zu färben. Der Sand zwischen den Zehen hat bereits eine erträgliche Temperatur erreicht, der warme, böige Wind hat sich gelegt - sogar das kräftige Platschen des Wassers an die Stegmauern ist in ein gleichmäßige Rauschen übergegangen. Plötzlich ein Schrei: "Pha, bin ich besoffen, pha, des is so org, ich bin so b´soffn . . ." Maturareise als 5.000-Personen-Großveranstaltung im türkischen Side.
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Genau vor dem roten Feuerball wanken sich gegenseitig stützende Maturanten gröhlend im malerischen Licht des Sonnenunterganges. "Na, wenn des so weitergeht, dann pack ich die Schaumparty nimma", schreit jetzt ein anderer Maturant, als ob er versuchen würde, dem Horizont ein Echo zu entlocken. "Olé, Olé, Olé ..." Und dann singen sie alle gemeinsam ein Lied. Es ist kurz vor 20 Uhr. Sie werden also schon langsam fertig mit dem Abendessen. Dann schälen sich rund 2.000 Maturanten aus den Speisesälen und nehmen wieder ihre Plätze ein an der Pool-Bar, der Strand-Bar, und vor den großen Bühnen, denn dann heißt es wieder Party, Party, Party bei "Mission to Beach - der Sommer deines Lebens"; heuer im türkischen Side.
Hohe Geräuschpegel
Strand-Idylle wird bei derartigen Großevents interpretiert mit großen Bühnen, Watt-starken Anlagen und DJs mit langem Durchhaltevermögen. Konsumiert werden rund 60.000 Liter Fruchtsaft, 75.000 Liter Wasser, 50.000 Liter Bier und 8.000 Liter Wodka. Aber das scheint an diesen Ferienorten niemanden zu stören; nicht einmal die Kreuzworträtsel ausfüllenden Pensionisten im Nachbarhotel lassen sich durch die lautstarke Animationsgruppe am Pool und das offenbar dazugehörende Techno-Gestampfe stören. Auch nicht um 11 Uhr vormittags. Wer weiß, vielleicht gibt es ja in 30 oder 40 Jahren einmal spezielle All Inclusive-Senioren-Techno-Reisen zu einem günstigen Pauschalpreis.
Das Abend-Erwachen
Jedenfalls erwacht alles erst am Abend wieder richtig zum Leben. Vormittags könnte man glauben, das ganze Hotel hätte seine Gäste wegen eines Notfalls evakuiert. Denn nach einer durchgetanzten Nacht wird noch schnell ein Frühstück eingenommen und dann geht´s für ein paar wenige Stunden ab ins klimatisierte Zimmer. Ob alleine oder zu zweit, das hängt von der jeweiligen Überredungskunst ab. Auswahl gibt es jedenfalls genug - und das alles vor einer Kulisse von unzähligen Transparenten namhafter Sponsor-Firmen. Branding überall. Aber klar, irgendwie will so ein Unternehmen schließlich finanziert werden.
Den Maturanten gefällt es jedenfalls. "Der Jahrgang 1987 ist nicht so kritisch wie der vorangegangene", freut sich auch M2b-Chef Markus Burscha. Das bedeutet im Übrigen, dass sich heuer niemand darüber beschwert hat, dass in den Zimmern eines 5-Stern-Ressorts die Vorhänge nicht zur Farbe der Nachtkästchen passen, wie das im Jahr zuvor der Fall war.
"Wir haben heuer 5.000 Gäste abgewickelt. Es waren insgesamt 700 Mitarbeiter im Einsatz - inklusive der Hotelbediensteten. Der Umsatz beträgt fünf Mio. Euro", erzählt Burscha stolz. Und ein paar andere Zahlen hat er auch parat: "Unterwegs sind wir mit 40 Flugrotationen, drei Lkw mit 50 Tonnen Equipment und 12 Kilometer Kabellänge. Zwischen 2002 und 2004 hatten wir 15.000 Gäste exklusive 2005 gehabt und 11 Mio. Euro umgesetzt. Mehr als 300 Personen haben sich bereits für das nächste Jahr angemeldet. Mein Anspruch ist es, optimale Rahmenbedingungen für eine Maturareise zu bieten und der Anspruch wird von Jahr zu Jahr höher".
Die Maturanten sind jedenfalls zufrieden: "Die Hotelanlage ist toll, zu essen und zu trinken gibt es massenhaft, das Personal ist gegen Ende der Woche zwar ein wenig unfreundlich geworden, aber sonst ist es schwer ok hier", erzählt Fritz aus Vöcklabruck.
Ein paar Maturanten finden allerdings das Programm ein wenig eintönig. Sie beklagen, dass jeden Tag die selbe Musik gespielt wird - mit Ausnahme der Schaumparty und des Wet-T-Shirt-Contests. Gegen die Langeweile wird nicht selten Alkohol eingesetzt.
Die Rolle des Alkohols
Welche Rolle spielt eigentlich der Alkohol bei solchen Events? "Jeden zweiten Tag die erste - nein, es ist nicht so schlimm, ich habe es mir ärger vorgestellt. Nach zwei Tagen kann eh keiner mehr und dann macht man eben eine Pause. Das legt sich dann im Laufe der Woche", meint Hans aus Wien zu diesem Thema.
Mehr Sportangebote können den Alkoholfluss aber kaum bremsen, ist Verena aus Tirol überzeugt. Entweder man interessiert sich für die angebotenen Aktivitäten - Wakeboard, Kite-Surfen, Jet-Ski, Pool-Spiele usw. oder eben nicht, meint sie. Mit dem Alkoholkonsum habe das nichts zu tun. "Hier trinkt man halt mal eine Woche mehr und dann hört man wieder auf, wenn man zu Hause ist", sagt Angela aus Vöcklabruck.
Also die "richtigen" Alkoholexzesse bleiben bei Mission to Beach aus. Die Eltern können beruhigt sein. Aber da war ja noch etwas: Sex... Steht es um dieses Thema anders als zu Hause? Bei Fritz nicht. Aber das liegt nach seinen Angaben am Männerüberschuss. Wenn man um 5 Uhr früh herumgeht, dann sieht man nur Männer, meint er. "Das liegt aber daran, dass die Frauen gescheit sind und schlafen gehen", entgegnet Verena. Für sie kommt es nur auf die Einstellung an. "Manche kommen hierher und wollen jeden Abend eine andere abschleppen, aber das ist nur eine Minderheit."
Im Übrigen: Abschiedstränen gibt es am Ende vom "Sommer deines Lebens" keine. Denn auf der faulen Haut zu liegen, ist nicht des frisch gebackenen Schulabgängers Bestreben. Die junge Generation will unterhalten werden. Ein paar Tage untätig am Strand zu liegen wird wohl erst für den arbeitenden Menschen interessant.
Die Freude auf zu Hause
"Wir freuen uns auf zu Hause. Uns ist schon nach den ersten Tagen fad geworden. Daheim kann man hier hingehen, dorthin gehen, aber hier sitzt man am Strand und weiß nicht, was man tun soll", meint Fritz. Unsereins wüsste da schon was ...
Weitere Informationen über M2b sind im Internet unter: http://www.m2b.at zu finden. Informationen über ähnliche Veranstaltungen unter: http://www.splashline.at (Zielgebiete: Türkei, Dubai, Rhodos) und http://www.x-jam.at(Zielgebiet Tunesien) .