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Sein Schlusssatz hat - auch an dieser Stelle - schon für viel Aufregung gesorgt: "Ich wünsche Ihnen noch einen ereignisreichen Tag." Mit dieser Formel verabschiedet sich Otto Brusatti stets als Moderator im morgendlichen Ö1-"Pasticcio". Dieser eigenwillige Wunsch hat bei manchen Kritikern und Hörern leidenschaftliche Ablehnung hervorgerufen.
Sie wollen keinen Tag gewunschen haben, der ihnen eine Fülle von Geschehnissen verspricht, von denen sie nicht wissen, ob sie diese nicht im Nachhinein verwünschen werden. Laut Mengenlehre beinhaltet diese wertneutrale Formulierung ja auch unliebsame Vorkommnisse - und solche wünscht man traditionellerweise nicht, vielmehr fürchtet man vielleicht, solch ein fahrlässig offener Wunsch führe sie in gewisser Weise erst herbei.
Mich hat dieser Satz nie dermaßen erregt. Mittlerweile imponiert mir schon, mit welcher Unbeirrtheit Herr Brusatti, dem von allen Ö1-Moderatoren vielleicht die größte Provokationslust innewohnt, daran festhält. Der Satz gefällt mir jedenfalls entschieden besser als jener, den ich neulich von Giselher Smejkal hörte, der als "Pasticcio"-Adieu "noch einen Gewinn bringenden Tag" wünschte. Das setzt mich unter Druck. Soll ich Lotto spielen? Aktien kaufen? Ins Wettbüro gehen?
Dieser Wunsch ökonomisiert meinen Tag, stellt ihn in Rechnung, taxiert ein Kalkül. Dann lieber ereignisreich, wobei mich eine diesbezügliche Armut auch nicht stört. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen, werte Leser, einen . . . Tag. Setzen Sie ruhig selbst etwas ein!