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Erfahrung mit Politik könnte dem neuen Justizminister nicht schaden

Von Brigitte Pechar

Politik
Wer immer neuer Justizminister wird, muss eine Fülle von Themen bearbeiten. Foto: Moritz Ziegler

Fiedler fordert Gesamtpaket zur Bekämpfung der Korruption. | Weisungsrecht klären. | Wien. Wer auch immer das Justizministerium von Claudia Bandion-Ortner übernimmt, wird sich über mangelnde Arbeit nicht zu beklagen haben. Weisungsrecht klären, Vertrauen in die Justiz wiederherstellen, Personalentscheidungen treffen, Ausbildung der Staatsanwälte verbessern und schließlich müssen auch legistische Weichen gestellt werden.


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Sicher ist, dass der neue Justizminister zumindest Jurist sein soll. Erfahrung mit Politik könnte nicht schaden. Zumindest aber sollte er Führungserfahrung mitbringen, denn die Mitarbeiter im Justizressort gelten als kritisch. Sie müssen mit Argumenten überzeugt werden, nicht mit Weisungen. Und schließlich braucht der Neue die Fähigkeit, das getrübte Verhältnis zwischen dem Kabinett und den Richtern und Staatsanwälten auf eine bessere Basis zu stellen.

Salzburgs ÖVP-Obmann Wilfried Haslauer hat bereits dementiert, dass er diese Aufgabe übernehmen könnte. Mit Franz Fiedler, dem früheren Rechnungshof-Präsidenten hat noch niemand gesprochen, er kommt daher auch nicht in Frage. Bereits heute soll ja das Ministerteam des neuen ÖVP-Obmanns Michael Spindelegger fixiert werden, damit es dann am Mittwoch im Parteivorstand abgesegnet werden kann.

Die Korruptionsbekämpfung, fordert Fiedler im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", müsse endlich gesamthaft betrachtet werden. Die partiellen Korrekturen (2008, 2009, 2010 und heuer wieder eine) seien ein Zeichen dafür, dass ein Gesamtkonzept fehle. So müssten inländische Abgeordnete und EU-Abgeordnete gleichgestellt werden (Ernst Strasser wäre als Nationalratsabgeordneter durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht verfolgbar, Anm.). Es müssten Zuwendungen an Abgeordnete geklärt werden, ein Lobbyismusgesetz fehle und die Parteienfinanzierung (zuständig ist das Bundeskanzleramt) müsse neu geregelt werden, sagt Fiedler.

Ein legistisches Vorhaben Bandion-Ortners - die Neuregelung der Rechte von unehelichen und geschiedenen Vätern - muss vom Nachfolger abgeschlossen werden.

Erste Aufgabe:Vertrauen bilden

Um das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wieder herstellen zu können, brauche es mehr Personal und auch besser ausgebildete Staatsanwälte, sagt Fiedler. "Dafür muss budgetär vorgesorgt werden, wenn wir keinen Abfall in der Strafverfolgung gegenüber anderen Staaten hinnehmen wollen." Die Justiz finanziere sich zu einem Gutteil - 70 bis 75 Prozent - selbst, umso eher sollte eine budgetäre Aufbesserung möglich sein.

Die Staatsanwälte bräuchten eine Ausbildung in Wirtschaftsangelegenheiten in breitester Form. Und außerdem müsse eine Entlastung von administrativen Angelegenheiten vor allem im Vorverfahren - gewährleistet werden.

Politisch, so Fiedler, müsse vor allem einmal die Frage nach dem Weisungsrecht geklärt werden. Wenn man der Gerichtsbarkeit als dritte Gewalt im Staat mehr Unabhängigkeit gewähren will, sollte man die Weisung von der politischen Spitze abziehen, rät Fiedler. "Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi wäre in Italien nie vor Gericht gestellt worden, wenn die dortige Staatsanwaltschaft weisungsgebunden wäre", gibt der Präsident von Transparency Österreich zu bedenken.

Solange an der Spitze der Weisungshierarchie ein Politiker stehe, werde der schale Beigeschmack der Einflussnahme bestehen. Fiedler rät daher, das Weisungsrecht einem unabhängigen Generalanwalt oder einem Gremium zu überantworten.

Mitspracherecht sollte ein solches Gremium auch in Personal- und Budgetfragen haben. Ein breites Feld wartet also auf den Neuen, beackert zu werden.