Das Europäische Patentamt kürt zum 14. Mal kreative Köpfe und deren Innovationen.
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Wien. Die Daniel Düsentriebs von heute verschaffen der Gesellschaft Fortschritt in Wissenschaft und Technik, haben Bedeutung für das Wirtschaftswachstum und einen wesentlichen Einfluss auf unser Leben im Alltag. So etwa Manfred Hackl und Klaus Feichtinger. Seit vielen Jahren stellen sie aus Plastikmüll Rohstoff, genau genommen Kunststoffpellets, her. Die dafür nötigen technischen Apparaturen werden von den beiden Geschäftsführern der EremaGroup regelmäßig weiterentwickelt. Obwohl Kunststoff in Zeiten von Klimaprotesten verpönt ist und Verbote für Plastiksackerl gefordert werden, kürt das Europäische Patentamt die beiden mit dem Erfinderpreis 2019 in der Kategorie Industrie. Damit werden ihre Entwicklungen für ein effektiveres Kunststoffrecycling gewürdigt.
Nahe an der Neuware
Gerade heute, wo Plastikflaschen durch Glas ersetzt werden, Plastiksackerl durch Stofftaschen, Strohhalme verboten werden und Kinder auf die Straße gehen, könnte man die Entscheidung des Europäischen Patentamts mit einem Naserümpfen abtun. Doch das wäre ungerechtfertigt, sieht man sich die Ambitionen und Erfolge der beiden Erfinder an. Mit einem speziellen Sortier-, Wasch- und Extrudersystem, das den Kunststoff wie durch einen Fleischwolf drückt, produzieren sie ein Regranulat, "das sehr nahe der Neuware ist und für viele Anwendungen eingesetzt werden kann", skizziert Manfred Hackl im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Mit den letzten technischen Entwicklungen sei es möglich, die Kunststoffe stabiler, zu höherer Qualität und zu besseren Kosten zu produzieren. Energieeffizienz sei ein Kernthema.
Beitrag zum Klimawandel
"Kunststoff ist ungerecht verpönt", betont Hackl. Weil er in Sachen Klimawandel einen "extrem positiven Beitrag leistet". Man denke an den Leichtbau in der Autoindustrie, Solaranlagen, Windräder, die Sportmedizin oder auch die Isolation von Häusern. Und: "Um die CO2-Ziele zu erreichen, werden wir Kunststoff noch mehr benötigen", so der Erfinder. So habe auch die Europäische Union ein klares Ziel definiert: Bis zum Jahr 2025 soll die Regranulatproduktion von derzeit ungefähr 2,5 auf zehn Tonnen erhöht werden.
Wichtig sei, die Wertigkeit des Rohstoffs mit seinen geschlossenen Kreisläufen - vom Sammeln bis zur Produktion des Regranulats - aufzuzeigen und vorzuleben. "Der Werkstoff per se kann einmal gar nichts dafür. Der kritische Umgang ist der eigentliche Zugang", so Feichtinger. "Man kann Kunststoff nicht mittels Fingerschnipp wegzaubern. Es gibt nichts anderes." Alle anderen zur Zeit verfügbaren Werkstoffe hätten nicht diese Kosten-, CO2-, und Energievorteile, Verformbarkeiten und Möglichkeiten in der Anwendung, klärt der Erfinder auf. "Das Papiersackerl hat fast den Faktor drei an CO2-Emission im Vergleich zum Plastiksackerl", so Hackl. Dennoch mache es Sinn, das einzudämmen.
Bei der nächsten Kunststoffmesse im Herbst in Düsseldorf sollen weitere Innovationen der EremaGroup, die über 108 Patente verfügt, präsentiert werden. Mehr als 5000 ihrer Anlagen sind weltweit im Einsatz. "Europa kann in der produzierenden Industrie nur übeleben, wenn wir innovativ sind", ist Feichtinger überzeugt.
Der Europäische Erfinderpreis wurde heuer zum 14. Mal in fünf Kategorien verliehen.
Preisträger~ Klaus Feichtinger, Manfred Hackl (Österreich): Verbessertes Kunststoffrecycling in der Kategorie "Industrie" (siehe Bericht)
Jerome Galon (Frankreich): Mit dem besonders aussagekräftigen Krebstest "Immunoscore" kann das Risiko eines Rezidivs besser bewertet werden. Er kommt bereits in Kliniken auf der ganzen Welt zum Einsatz. Damit können Ärzte eine effektiviere individuelle Behandlung einleiten. Ausgezeichnet in der Kategorie "Forschung".
Rik Breur (Niederlande): Inspiriert von der stacheligen Oberfläche von Seeigeln entwickelte der Erfinder eine faserbasierte Antifouling-Folie für Schiffsrümpfe . Auf ihr können sich Algen, Seepocken und Muscheln nicht ansiedeln, wodurch Schiffe bis zu 40 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen. Ausgezeichnet in der Kategorie "Kleine und Mittlere Unternehmen".
Akira Yoshino (Japan): Er gilt als Vater der Lithium-Ionen-Batterie. Die von ihm entwickelten wiederaufladbaren Batterien finden sich heute in fast fünf Milliarden Handys, in Elektroautos und vielen weiteren Geräten. Seit über 30 Jahren arbeitet der Erfinder kontinuierlich an deren Weiterentwicklung. Ausgezeichnet in der Kategorie "Nicht-EPO-Staaten".
Margarita Salas Falgueras (Spanien): Sie ist Wegbereiterin der Molekulargenetik und hat eine schnelle, einfache und zuverlässige Methode gefunden, um DNA-Spuren so stark zu vermehren, dass eine vollständige Genomanalyse möglich ist. Ihre Erfindung ist weitverbreitet und kommt heute in der Onkologie, der Forensik und in der Archäologie zum Einsatz. Ausgezeichnet in der Kategorie "Lebenswerk".