)
Unter Marcel Koller haben sich die Diskussionen ums Team aufgehört - ein Zeichen des Erfolgs.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Österreichs Fußballteam ist ein bisschen fad geworden. Die Spielweise ist nicht gemeint und schon gar nicht die Tatsache, dass sich im Gegensatz zu früher nicht schon nach der Hälfte der Qualifikation das Erreichen einer Endrunde nur noch kompliziert errechnen lässt. Es ist das Drumherum, das etwas fad geworden ist, die Diskussionen über Nominierungen und Aufstellungen, über Taktik und System, und natürlich darüber, ob der Teamchef überhaupt der richtige ist. Und genau das ist ein Zeichen, dass gegenwärtig sehr viel stimmt in dieser Mannschaft. Es ist ein Zeichen für Erfolg.
Was früher im und rund ums österreichische Team passierte, war stets unberechenbar. Zum einen hatte das mit den Trainern zu tun. Didi Constantini und Hans Krankl probierten viel, immer wieder von neuem, verrannten sich bisweilen und fingen wieder von vorne an. Strategische Aufbauarbeit betrieben sie nicht. Genau das tut Marcel Koller sehr wohl.
Zum anderen gab es im österreichischen Fußball aber auch eine Entwicklung, die diese Unberechenbarkeit begünstigte, vor allem nach 2007, als der vierte Platz bei der U20-WM offenbarte, dass da eine neue, interessante Generation hinaufkommt. Einige dieser Spieler fanden sich im Jahr darauf auch im Kader der Euro 2008, sie wurden massiv medial gefordert. Das änderte sich auch in den Folgejahren nicht.
Mittlerweile ist es das zur Normalität geworden, dass Österreich über gute Spieler verfügt, die Öffentlichkeit wird auch nicht mehr sofort hibbelig, wenn ein junger Spieler irgendwo ein schönes Tor schießt. Längst wird es akzeptiert, dass eben nicht alle ansprechenden Kicker im Nationalteam spielen können.
Das ist allerdings auch Kollers Verdienst, der früh klar gemacht hat, dass er eine Mannschaft finden muss, die er dann Schritt für Schritt entwickelt, und dass es seine Zeit braucht, dann auch die kleinen Details zu verbessern und zu perfektionieren. Genau das ist eine Grundvoraussetzung für Erfolg. Es ist war ja auch kein Zufall, dass Deutschland Weltmeister geworden ist und dabei Brasilien, Österreichs nächsten Gegner, mit 7:1 bediente.
Koller ändert personell so gut wie gar nichts, wenn ihn nicht Verletzungen dazu zwingen. Womit sich eben auch die Diskussionen über Nominierungen und Aufstellungen mehr oder weniger aufgehört haben. Vor der Russland-Partie wurden sie durch den kurzfristigen Ausfall von David Alaba doch geführt, wobei es nur logisch war, dass Christoph Leitgeb spielen wird. Ihn und nicht Veli Kavlak hatte Koller als Alaba-Ersatz nominiert, warum hätte er dann also auf den nachberufenen Besiktas-Akteur setzten sollen? Zudem wurde die Diskussion ohnehin nicht mit der Leidenschaft geführt, wie sie vielleicht früher geführt worden wäre. Koller hat sich längst eine Art Grundvertrauen erarbeitet, er wird zwar zu seinen Entscheidungen befragt, aber nicht mehr hinterfragt wie seine Vorgänger.
Auch die Frage, ob Spieler, die bei ihren Klubs nicht regelmäßig spielen, einberufen werden sollten, stellt sich nicht mehr. Über Jahre hatte diese Frage das ÖFB-Team und seine Trainer begleitet, mittlerweile hat sie sich erledigt.
Es ist die Kontinuität, die ein Eckpfeiler des Erfolgs dieses Nationalteams darstellt. Die Auswahl ist eine Mannschaft geworden, die es auch verkraften kann, wenn auf einmal die komplette Zentrale (Alaba, Baumgartlinger) ausfällt. Ja, die Ersatzkräfte konnten das nicht eins zu eins kompensieren, und, ja, ein paar Spieler hatten gegen Russland nicht ihren besten Tag. Es hat dennoch gereicht. Womit es freilich noch weniger zu diskutieren gibt. Wie gut.