Washington - Welch großen Unterschied ein paar Tage machen können. Noch vor kurzem hätte US-Präsident George W. Bush das jetzt vom Kongress gebilligte Steuersenkungspaket von 1,35 Billionen Dollar (21.623 Mrd. S) ungetrübt als Triumph feiern können. Mit dem bevorstehenden Machtverlust im Senat fällt nun ein großer Schatten auf den Erfolg.
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"Es ist ein Sieg, aber ein bitterer", sagt Marshall Whittman vom konservativen Hudson-Institut. "Es ist eine monumentale Errungenschaft gepaart mit einem monumentalen Verlust."
Wenn Bush die Unterschrift unter das Gesetzeswerk setzt, weiß er genau, dass er es ab jetzt weitaus schwerer haben wird, seine konservative Agenda im Kongress durchzusetzen. Und es dürfte ihm auch klar sein, dass seine rigorosen Steuerpläne wahrscheinlich zur Machtverschiebung beigetragen haben.
Durchpeitschen vergrätzte gemäßigte Konservative
Das Durchpeitschen im Rekordtempo mit den stärksten Steuervorteilen für die reiche Oberschicht hat gemäßigte Konservative vergrätzt, die stattdessen lieber mehr Ausgaben für die Bildung gesehen hätten. Dazu gehört Senator James Jeffords, der nun den Austritt aus der Partei erklärt hat und damit den Demokraten die Mehrheit in der Kongresskammer beschert.
Dabei hätte für Bush alles so schön sein können. Er hatte die massiven Steuererleichterungen in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes gestellt und zum innenpolitischen Topziel erklärt. Der Kongress- Kompromiss blieb mit seinen 1,35 Billionen Dollar an Erleichterungen zwar hinter dem Bush-Plan zurück, aber das Volumen ist weitaus höher, als es sich viele Republikaner noch vor kurzem hätten träumen lassen. Und das alles geschah unerwartet schnell. Das von vielen Experten voraus gesagte quälend lange Tauziehen blieb aus.
Aber auch ohne Jeffords ist es ein Erfolg mit einem möglicherweise hohen Preis nicht nur für die Bundeskasse. Zu Bushs Verkaufstaktik in der Steuerdebatte gehörte das Argument, dass mit raschen Erleichterungen die Wirtschaft wieder neuen Schwung erhalten könnte.
Nach Ansicht vieler Experten hat sich der Präsident damit verwundbar gemacht. "Geht es mit der Wirtschaft nicht weiter bergauf oder sogar bergab, dann wird man es ihm anlasten", sagt die demokratische Analytikerin Anita Dunn. "Es ist nun seine Wirtschaft und nicht mehr die seines Vorgängers Bill Clinton." Bill McInturff, ein republikanischer Meinungsforscher, geht noch weiter. "Alles, was jetzt passiert, werden die Demokraten mit Bushs Steuerprogramm in Verbindung bringen."
Spürbare Erleichterungen erst in einigen Jahren
Experten weisen zudem auf eine andere Gefahr hin: Nach all der Publicity könnte die breite Bevölkerung am Ende von dem enttäuscht sein, was für sie unter dem Strich heraus kommt. Viele der am stärksten spürbaren Erleichterungen sind erst in einigen Jahren vorgesehen. Und: Es ist dabei geblieben, dass die Reichsten am Besten wegkommen. Bush hat zwar die von ihm angestrebte Senkung des höchsten Steuersatzes von 39,6 auf 33 Prozent nicht erreicht. Der Kongress- Kompromiss sieht 35 Prozent vor. Aber mit zusätzlich geplanten Einzelmaßnahmen wird am Ende praktisch die von Bush gewünschte Marke erreicht.
So sprechen denn auch demokratische Gegner von einem "Betrug am amerikanischen Volk". Abermilliarden Dollar würden hauptsächlich zu Gunsten der Reichen und zu Lasten von Bildung und Gesundheitsfürsorge zum Fenster herausgeworfen.
"Das ist ein Spiel mit dem Feuer, ein Pulverfass, das der kommenden Generationen ins Gesicht fliegen könnte", warnt der demokratische Abgeordnete Sander Levin. Vor allem bei den liberalen Demokraten im Senat herrscht Verbitterung, und daran änderte auch Bushs rasche Danksagung am Samstag nichts. "Sie sinnen auf Rache", hieß es in einem Zeitungskommentar. "Und dank Jeffords können sie sie jetzt auch leicht ausüben."