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Erfolg für Klage gegen rechte "Aula"

Von Werner Reisinger

Politik

KZ-Überlebende als "Kriminelle" und "Landplage": Grazer Oberlandesgericht wies Rekurs des FPÖ-nahen Magazins ab.


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Graz. Jene neun Holocaust-Überlebendenund Nachkommen von Überlebenden, die auf dem Privatweg mit Unterstützung derGrünen die rechte Zeitschrift "Aula" einerseits medienrechtlich wegenEhrenbeleidigung und Kreditschädigung, andererseits auf Unterlassung geklagthaben, können sich über einen Erfolg freuen: Wie die "Wiener Zeitung"in Erfahrung brachte, hat das Grazer Oberlandesgericht (OLG) in derUnterlassungsklage bereits Anfang Oktober den Rekurs der beklagten Zeitschriftund deren Autor Manfred Duswald abgewiesen.

Die Vorgeschichte: In einem Artikel in der "Aula", dieals Organ der deutschnationalen, schlagenden Burschenschaften sowie als der FPÖnahestehend gilt, wurden im Juli 2015 Überlebende des KZ Mauthausen als"Landplage" und "Kriminelle" bezeichnet, die nach der Befreiung"raubend und plündernd, mordend und schändend" durchs Land gezogenseien. Ein erstes Verfahren wurde von der Grazer Staatsanwaltschaft im Februar2016 eingestellt. Die Begründung sorgte für Empörung: Es sei"nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus demKonzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen GebieteÖsterreichs darstellte". Auch gebe es in der Literatur Hinweise aufstrafbare Handlungen.

Einstweilige Verfügung erwirkt

Christian Pilnacek, zuständiger Sektionschef im Justizministerium, bezeichnetedie Begründung als "unfassbar und menschenverachtend", die"unsägliche Diktion" der rechtsextremen Zeitschrift würde so"gerechtfertigt". Protest gab es auch von Überlebendenverbänden und der Israelitischen Kultusgemeinde. Justizminister Wolfgang Brandstetter reagierte, ein Curriculum zur Nachkriegsjustiz, das bei angehenden Richtern und Staatsanwälten Sensibilität für aktuelle, politische Implikationen zum Thema Rechtsextremismus und Neonazismus sowie historisches Bewusstsein schärfen soll, wurde als verpflichtender Teil in der Ausbildung implementiert. Die Ermittlungen gegen die "Aula" und Duswald aber wurden nicht wiederaufgenommen.

Anfang Juli beschritten besagte Überlebende, darunter der Zeitzeuge und Theresienstadt-Überlebende Rudolf Gelbard, den privatenRechtsweg. Zwar wurde in der zivilrechtlichen Klage eine Einstweilige Verfügung erreicht, bis zum endgültigen Urteil dürfen KZ-Überlebende in der rechtenZeitschrift nicht mehr pauschal als "Kriminelle" oder als"Landplage" gezeichnet werden. Die "Aula" legte gegen dieVerfügung Rekurs ein. Anfang September aber wies das Grazer Straflandesgerichtdie medienrechtliche Klage ab. Die Anwältin der Überlebenden, Maria Windhager,hatte mit der Klage juristisches Neuland beschritten. Eine Gruppe sei pauschalverunglimpft worden, es liege eine sogenannte Kollektivbeleidigung vor, so die Argumentation. Konkret ging es darum, ob aus juristischer Perspektive dasKollektiv so überschaubar sei, dass die Behauptungen auf Einzelpersonen zutreffen könnten. Genau das aber sah das Grazer Gericht nicht als gegeben an, eine "individuelle Erkennbarkeit" sei durch die Pauschalaussage nicht gegeben. Eine Entschädigung für die Überlebenden wurde abgelehnt. Die Kläger legten dagegen Berufung ein, nun ist auch im medienrechtlichen Verfahren das OLG Grazam Zug.

OLG: "Unwahre Vorwürfe"

Bezüglich der Unterlassungsklage widerspricht das Grazer Oberlandesgericht inseiner Urteilsbegründung vom 7. Oktober der erstinstanzlichen Argumentation. Es sei dem Autor und der "Aula" "offensichtlich darum gegangen, die KZ-Opfer generell als Verbrecher zu stigmatisieren. Der Senat bezieht sich dabei auf eine Verurteilung der "Aula" durch den Presserat, der eine klare Pauschalverunglimpfung und eine deutliche Diskriminierung der befreiten KZ-Insassen erkannte. Bezüglich der Argumentation der "Überschaubarkeit" der von der Diffamierung betroffenen Gruppebefanden die Richter, dass die Größe des Kollektivs "als nicht wesentlich" zu erachten sei: "Es handelt sich dabei um Vorwürfe, denen es nicht nur in moralischer Hinsicht an Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus mangelt, sondern um unwahre und an Intensität kaum zu überbietende Vorwürfe von kriminellem Verhalten." Zudem seien seit der Befreiung mehr als 70 Jahre vergangen, die Überlebenden würden somit einem "kleinen, identifizierbaren Kreis der noch lebenden KZ-Insassen" angehören.  Die"Aula" wandte sich hierauf an den Obersten Gerichtshof, der die OLG-Entscheidung aufheben oder bestätigen oder das Verfahren auch abweisen kann.

Als"entscheidend" für die zukünftige Rechtssprechung in einschlägigenVerfahren bezeichnete der grüne Bildungssprecher Harald Walser das OLG-Urteil. Er übt dennoch Kritik: Es gebe leider nach wie vor Staatsanwälte, die dieBrisanz derartiger Fälle nicht erkennen würden. Walser verlangt deshalb österreichweite Initiativen für Staatsanwälte, um eine dem antifaschistischen Grundkonsens entsprechende, einheitliche Interpretation zu gewährleisten.