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Erfolg mit Schönheitsfehlern

Von Georg Friesenbichler

Analysen

"Obwohl der Führer der Al-Kaida im Irak jetzt tot ist, bleibt die Terrororganisation eine Bedrohung, weil ihre Mitglieder weiter versuchen werden, das irakische Volk zu terrorisieren und seine Regierung zu destabilisieren." Die Skepsis, die aus diesen Worten des US-Kommandanten im Irak, General George Casey spricht, wurde umgehend von der Al Kaida selbst bestätigt, die eine Weiterführung des bewaffneten Kampfes ankündigt.


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Auch wenn mit der Bestellung der drei wichtigsten Minister in der neuen irakischen Regierung am Donnerstag gleich eine zweite Erfolgsmeldung zu verzeichnen war, ist der Irak weit davon entfernt, in ruhigere Gefilde zu gelangen. Wie zur Bestätigung forderte kurz nach der Nachricht von Zarqawis Tod eine Bombenexplosion auf einem Markt in Bagdad etliche Opfer. Experten warnen denn auch davor, den Tod des Al-Kaida-Führers überzubewerten.

Wenn die Vermutungen der USA stimmen und Zarqawi hinter dem Anschlag auf die Goldene Moschee von Samarra, Heiligtum der Schiiten, gesteckt hat, bleibt sein folgenschwerster Nachlass, dass sein Kalkül voll aufgeht: Der bis dahin schon schwelende Konflikt zwischen den Religionsgruppen ist aufgeflammt, täglich werden Sunniten und Schiiten von der jeweiligen Gegenpartei gefoltert, erschossen, geköpft oder von Bomben zerfetzt.

Angesichts des nicht deklarierten Bürgerkrieges tritt die von allen Irakern ungeliebte US-Besatzung fast schon in den Hintergrund. Die Berichte über Haditha und andere Massaker heizen allerdings die anti-amerikanische Stimmung weiter auf.

So lange die ausländischen Truppen bleiben, werden sich wohl für Zarqawi Nachfolger finden. Wenn sie aber rasch abziehen, werden die ethnischen Konflikte vollends ins Chaos führen. Dieses Dilemma für US-Präsident George W. Bush wie auch für die irakische Regierung verhindert Triumphtöne wie seinerzeit nach der Verhaftung Saddam Husseins.