Zum Hauptinhalt springen

Erfolgreiche Wahl mit einigen Pannen

Von Wolfgang Tucek

Politik

Trotz des friedlichen Verlaufs und der hohen Beteiligung waren die ersten Präsidentenwahlen in Afghanistan nicht frei von Pannen, die Gegenkandidaten des favorisierten Amtsinhabers Hamid Karzai als absichtliche Wahlbeeinflussung werteten. Eine von der UNO zusammengestellte internationale Kommission soll hier Klarheit schaffen. Mit ersten Ergebnissen der morgen beginnenden Auszählung wird Ende der Woche gerechnet.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Karzai und der deutsche Kanzler Gerhard Schröder bezeichneten die ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte Afghanistans gestern in Kabul als "historischen" Erfolg. Dies entspricht der durchgehenden Einschätzung in der westlichen Welt. Unabhängige Beobachter der OSZE und der afghanischen Wahlbeobachtungsgruppe FEFA attestierten einen "im Großen und Ganzen geordneten Verlauf". Die Präsidentenwahl am Samstag ging überraschend friedlich über die Bühne, nachdem Anhänger des 2001 gestürzten Taliban-Regimes mit massiven Störungen gedroht hatten. Ein großer Teil der gut 10 Millionen Wahlberechtigten dürfte teilgenommen haben.

Probleme gab es allerdings bei der Markierung der Wähler zur Vermeidung von mehrfachen Stimmabgaben. Die dafür vorgesehene wasserfeste Tinte konnte in vielen Fällen leicht entfernt werden. Die aus Vertretern afghanischer Behörden und der UN bestehende Wahlkommission verwies in diesem Zusammenhang auf die Unerfahrenheit der Wahlhelfer, welche die Filzstifte zum Ankreuzen der Kandidatenliste mit jenen für die Wählermarkierung verwechselt hätten.

14 der 15 Gegenkandidaten Karzais riefen daraufhin jedoch zum Boykott der Wahlen auf, da sie eine absichtliche Beeinflussung zu Gunsten Karzais witterten. Eine zuerst von ihnen geforderte Wiederholung der Wahl wurde von den Beobachtern und der Wahlkommission als "ungerechtfertigt" (OSZE) zurückgewiesen. Man einigte sich schließlich auf eine unabhängige Untersuchung des Ablaufs der Wahl.

Diese soll von einem dreiköpfigen Team durchgeführt werden, das von der UNO zusammengestellt wird. Fix sind der kanadische Diplomat Craig Jenness und der schwedische Wahlexperte Staffan Darnolf. Ein drittes Mitglied soll die EU entsenden.

Die Auszählung der Stimmen soll laut der UNO spätestens morgen beginnen. Mit ersten Ergebnissen wird frühestens Ende der Woche gerechnet, das Endergebnis ist für den 30. Oktober geplant.

Sieg Karzais scheint sicher

Kritik von Karzais Gegenkandidaten gab es auch am Besuch des deutschen Bundeskanzlers Schröder in Kabul. Karzai wies die Kritik zurück: Von Wahlkampfhilfe könne man nach der Wahl wohl nicht mehr sprechen. Er wollte den deutschen Truppen im Land danken und den "Durchbruch" der Demokratie würdigen, erklärte Schröder. Außerdem glaube er, dass Karzai mit dem ersten Wahlgang bereits gewonnen habe. Zu dem Ergebnis kommen auch Nachwahlbefragungen eines US-Instituts, die Karzai mehr als 50 Prozent der Stimmen bescheinigen.