China vermittelt im Nachbarland Burma, um eigene Interessen zu wahren.
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Hongkong/Rangun. An einem zehn Meter breiten Grenzfluss an der burmesischen Grenze patrouillieren Soldaten der chinesischen Volksbefreiungsarmee in Kampfmontur. Kameras mit Teleobjektiven überwachen die Straßen Laizas, der kleinen Stadt jenseits der Grenze in Burma. Seit einem Monat ist die 20.000-Einwohner-Siedlung, bisher ein verschlafener Grenzübergang bekannt für sein Kasino, einer der meistbeachteten Orte Südostasiens. Der Hauptsitz der Kachin Independence Army (KIA) könnte der letzte Schauplatz des burmesischen Bürgerkrieges sein. China versucht zu vermitteln, doch bisher scheiterten die Bemühungen, einen Waffenstillstand zwischen der KIA und der Regierung zustande zu bringen.
Das ärmste Land Südostasiens hat sich seit der Freilassung der Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi vor zwei Jahren Schritt für Schritt aus der internationalen Isolation gelöst. Die regierenden Militärs haben ihre Uniformen abgelegt und freie Nachwahlen im letzten Jahr zugelassen. Politische Häftlinge wurden freigelassen, die archaische Pressezensur wurde abgeschafft, Suu Kyis Oppositionspartei, die Nationale Liga für Demokratie, wird kommende Woche, ein Vierteljahrhundert nach ihrer Gründung, einen ersten Parteitag abhalten.
Auch haben die Militärs in Zivilkleidung in den letzten Jahren Waffenstillstandsabkommen mit dutzenden ethnischen Milizen unterzeichnet. Doch der Konflikt mit der christlichen Kachin Independence Army, mit ungefähr 8000 Mann die stärkste kämpfende Miliz im mehrheitlich buddhistischen Land, ist im vor 18 Monaten nach fast zwei Jahrzehnten Waffenruhe wiederentfacht. Die Kämpfe haben in der Zwischenzeit tausende Menschenleben gekostet und zehntausende Zivilisten vertrieben.
"Die burmesischen Streitkräfte haben willkürliche Hinrichtungen, Vergewaltigungen, Folter, Zwangsarbeit und vorsätzliche Angriffe auf zivile Gebiete durchgeführt", schreibt Human Rights Watch im letzter Woche veröffentlichten Jahresbericht. "Burmas Reformen ist durch überhastetes Lob nicht geholfen", sagt Phil Robertson, stellvertretender Leiter der Menschenrechtsorganisation für Asien.
Hilferufe der Kachin
"Unser Volk sieht sich mit seiner Ausrottung konfrontiert", sagte KIA Stabschef General Gunhtang Gam Shawng in einer Rede in Laiza im September. "Helft uns," endete er seine Rede, die Sympathisanten mit chinesischen und englischen Untertiteln auf YouTube und dem chinesischen Äquivalent Youku verbreiteten.
Die burmesische Armee verlegte 30.000 Truppen an die Front, für jeden KIA Soldaten bringt die burmesische Armee fünf ins Feld, so Aung Kyaw Zwa. Auf der chinesischen Seite der Grenze stehen Flüchtlingslager für bis zu 40.000 Menschen bereit. 68.000 Zivilisten befinden sich auf der Flucht vor der Offensive innerhalb Burmas, schätzt Ong Kareng vom Kachin Flüchtlingshilfskomitee in Laiza. 3500 sind bereits in China, sagt er der "Wiener Zeitung".
China entsandte vorletzte Woche Vize-Außenministerin Fu Ying als Sonderentsandte und Stellvertretenden Generalstabschef Qi Jianguo zu Gesprächen mit Präsident Thein Sein in Burmas Hauptstadt Naypyidaw. Der ehemalige General versicherte den chinesischen Vertretern seinen Willen für Frieden, konnte jedoch bisher selbst kein Waffenstillstandsabkommen durchsetzen. Beobachter fragen sich, ob er nicht willig ist oder ihm die Kontrolle über die burmesischen Streitkräfte fehlt.
Für China geht es nicht nur um einen massiven Flüchtlingsstrom aus Burma, China hat Interesse an Holz, Jade, Gold und Strom aus Wasserkraft. Zwei Pipelines, eine für Erdöl und eine für Erdgas, sollen ab Mai Häfen und Raffinerien am bengalischen Golf mit Chinas Wirtschaftsmetropolen Chongqing und Guangzhou verbinden. Beide Rohre führen durch Grenzgebiet, in der die 4. Brigade der KIA ein Guerilla-Dasein führt. "China braucht Frieden", sagt Aung Kyaw Zwa. Bald sollen auch Gleise und asphaltierte Straßen Chinas Südwesten nicht nur mit dem rohstoffreichen Nachbarn, sondern auch über Burmas Häfen mit Rohstofflieferanten und Absatzmärkten weltweit verbinden. So saßen der Asien-Abteilungsleiter des chinesischen Außenministeriums Luo Zhaohui und Militärs am Verhandlungstisch in Ruili.
"China ist weiterhin bereit, eine konstruktive Rolle in den Friedensverhandlungen zu spielen", sagte Hua Chunying, eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, am Montag in einem Pressebriefing in Peking. Bisher scheinen die Anstrengungen jedoch erfolglos.