Europäische Erfolgsgeschichte auf dem Balkan. | Alpbach. Erhard Busek zeigt sich überzeugt: "Für die Europäische Union beginnt jetzt ein neuer Abschnitt." Und der ehemalige Koordinator des Stabilitätspakts für Südosteuropa muss es wissen. Schließlich lief diese Form des EU-Engagements mit Juni aus und wurde durch ein "Regional Council" ersetzt. Beim Manager-Frühstück am Mittwoch in Alpbach, veranstaltet von Management Club, "Wiener Zeitung" und der Kommunikationsagentur GPK, absolvierte Busek eine politische Rundreise durch diese für Europa - und vor allem Österreich - so zentrale Region.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die erzielten Erfolge am Balkan bedeuten für Busek jedoch keineswegs, dass damit alle Probleme in dieser Region gelöst oder auch nur einer Lösung nahegebracht sind. Insbesondere das historische Erbe der zahlreichen Nationalitäten wiege hier noch schwer: "In Zeiten starker Veränderungen gewinnt die Geschichte umso mehr an Bedeutung."
So müsse etwa Serbien "erst überwinden, dass es in den vergangenen 15 Jahren fast jedes Mal, wenn es aufgewacht ist, um ein Stückchen Land kleiner geworden ist". Mazedonien sei ohnehin "geschlagen, weil es alle Probleme, die es gibt, in sich vereint": Nationenstreit mit Albanien, Namensstreit mit Griechenland, Sprachenstreit mit Bulgarien und Kirchenstreit mit Serbien.
Dennoch sieht Busek den Löwenanteil der Arbeit, dem Balkan nach vier Kriegen seit dem Zusammenbruch Jugoslawiens eine europäische Perspektive zu eröffnen, nunmehr weitgehend als erfolgreich abgeschlossen: Slowenien ist EU-Mitglied, Kroatiens Beitritt zur Union ist bereits fix, nur der Termin steht noch aus, Mazedonien hat den Kandidatenstatus, und mit allen anderen Staaten der Region wurden Assoziierungsabkommen geschlossen. Dieses hat lediglich Serbien noch nicht ratifiziert. Sollte der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic endlich verhaftet werden, dürfte Serbien allerdings rasch in den Kreis der Kandidatenländer aufrücken. Und auch Bosnien und Albanien haben ihre europäische Perspektive.
Fokus auf Ukraine
Aufgrund dieser Fortschritte sieht Busek nun den europäischen Fokus beim Krisenmanagement weiter zur Schwarzmeer-Region wandern: Die Krise zwischen Georgien und Russland hat vor allem die Ukraine und Moldawien wieder ins europäische Bewusstsein gerückt. So fehlt etwa für Moldawien noch jede europäische Perspektive, weshalb Österreich und Schweden die Idee einer "Balkanisierung" der Region angeregt haben. Für Busek ist dies eine "bemerkenswerte Karriere für einen laut bisherigem Sprachgebrauch in erster Linie negativ verwendeten Begriff" - meint Balkanisierung in diesem Sinne eine behutsame Heranführung an die Union. Allerdings sei hier das Fehlen einer gemeinsamen EU-Außenpolitik wegen des fehlenden Lissabon-Vertrags besonders schmerzhaft.
Beim Vertrag rechnet Busek damit, dass die - den Text ablehnenden - Iren damit geködert werden könnten, dass alle 27 EU-Mitglieder ihren eigenen Kommissar behalten. Was dann jedoch mit künftigen Mitgliedsländern geschehen soll, sei völlig offen. Der Erweiterungszug werde aber ohnehin in Zukunft langsamer fahren. Denn mittlerweile sei Konsens, dass vor allem Bulgarien und Rumänien zu früh aufgenommen worden seien. "Diese beiden Länder waren noch nicht reif", sagt Busek.