Zum Hauptinhalt springen

"Erhebliches Ausmaß an Verstößen"

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Europäischer Rechnungshof kritisiert Verletzung der Regeln für staatliche Beihilfen durch EU-Mitglieder.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Brüssel. Die Fehlerquote ist keineswegs gering: Bei der Anwendung der Regeln für staatliche Beihilfen nehmen es die EU-Mitgliedsländer nicht immer sehr genau. So orten die EU-Prüfer ein "erhebliches Ausmaß an Verstößen", wie es im aktuellen Bericht des Europäischen Rechnungshofes heißt. Vor allem im Bereich der sogenannten Kohäsionspolitik, die der regionalen und Infrastruktur-Förderung dient, werden die Vorgaben oft nicht eingehalten: Bis zum Jahr 2014 wies jedes fünfte Projekt Fehler bei staatlichen Beihilfen auf.

Diese beliefen sich zwischen 2010 und 2014 immerhin auf durchschnittlich 76,6 Milliarden Euro jährlich. Und schätzungsweise ein Viertel davon floss in die Kohäsionspolitik. Die macht wiederum einen der größten Ausgabenposten im EU-Budget aus. Im mehrjährigen Finanzierungsplan sind im Topf für regionale und soziale Förderung an die 350 Milliarden Euro vorgesehen.

Das Problem bei staatlichen Beihilfen, also Begünstigungen für bestimmte Unternehmen, ist, dass sie den Wettbewerb verzerren und somit das Funktionieren des Binnenmarktes gefährden können. Daher muss die Unterstützung genehmigt werden, wobei es einige Ausnahmen - etwa bei Forschungsprogrammen oder bestimmten Investitionen - gibt. Deswegen hat die Verknüpfung der nationalen Beihilfen mit EU-Förderungen ihre Grenzen. Diese legen die Länder aber großzügiger aus als die EU-Prüfer und die EU-Kommission. "Der Einhaltung der Wettbewerbsregeln für den Binnenmarkt wird nicht die gehörige Bedeutung beigemessen", erklärt Oskar Herics, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs.

So kommt es, dass die nationalen Behörden, die die Projekte ebenfalls prüfen müssen, auf eine Fehlerquote von lediglich 3,6 Prozent kommen - was weniger als einem Fünftel der Rate entspricht, die der Rechnungshof angibt. Das schwache Glied in der Kontrollkette dürften also die nationalen Behörden sein.

Als Beispiele für die Nichteinhaltung der Regeln führt die Behörde ein EU-Regionalhilfe-Projekt für Forschungsinfrastruktur in Tschechien oder den Bau eines Logistikzentrums in Polen an. Im ersten Fall wurde die staatliche Beihilfe in Höhe von fast zwei Millionen Euro nicht angemeldet. Polen wiederum musste den Antrag auf EU-Mittel in Höhe von 23,2 Millionen Euro zurückziehen. Auch in Österreich gab es "systematische Mängel": So forderte die EU-Kommission von der Steiermark eine "finanzielle Berichtigung" im Umfang von 8,1 Millionen Euro. Generell wurden in Österreich bei der Überprüfung von elf Beihilfe-Regelungen vier Fälle als problematisch eingestuft. Das macht 36 Prozent aus und liegt etwas über dem EU-Schnitt.

Dennoch will die EU-Kommission den Ländern künftig mehr Verantwortung überlassen, um die Vergabe zu erleichtern. Gegen Vereinfachungen hat auch der Rechnungshof nichts einzuwenden. "Doch wenn die Staaten überproportional viele Fehler machen und dann mehr Kompetenzen erhalten, ist das Risiko, dass die Regeln verletzt werden, noch größer", meint Herics.