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Erhöhung der Beamtengehälter wird halbiert

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Einstimmige Entscheidung: Nur 1,85 Prozent plus. | Rechtsstreit vor dem EuGH so gut wie sicher. | Brüssel. Die Mitgliedsländer gehen im Streit um die EU-Beamtengehälter auf Konfrontationskurs. Einstimmig beschlossen die EU-Botschafter am Freitagabend, die bisher vorliegende Erhöhung von 3,7 Prozent zu halbieren. Nur 1,85 Prozent soll daher die Gehaltserhöhung für die rund 47.000 EU-Bediensteten für die Zeit von Juli 2009 und Juli 2010 betragen. Damit legen es die EU-Staaten freilich auf einen Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit der EU-Kommission an.


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Die weigerte sich vorerst, die Entscheidung der EU-Botschafter anzuerkennen. Deren Treffen habe nur vorbereitenden Charakter und sei keine Entscheidungsinstanz, sagte die Sprecherin von Verwaltungskommissar Siim Kallas. Die Kommission beharrt weiterhin felsenfest darauf, dass die 3,7 Prozent das Ergebnis einer unverrückbaren Formel - "der Methode" - seien. Dabei werden die Gehaltsentwicklungen der Beamten in acht ausgewählten Mitgliedsländern in der jeweiligen Vorjahresperiode nachvollzogen; zusätzlich wird die Inflation in Brüssel abgegolten.

Vorgehen nicht legal?

Es ist jedoch so gut wie sicher, das der Beschluss der EU-Botschafter beim Umweltministerrat am Dienstag oder im sogenannten schriftlichen Verfahren formalisiert wird. Dann führe kein Weg an einem EuGH-Prozess vorbei, sagte der politische Sekretär der EU-Beamtengewerkschaft Conf-SPE, Wolfgang Entmayr. Die Kommission habe sich alle Rechtsmittel vorbehalten.

Schon das Gutachten des juristischen Dienstes der Mitgliedsstaaten selbst habe eindeutig ergeben, dass ein Vorgehen wie das jetzige nicht als legal angesehen werden kann. Die Entscheidung der Mitgliedsstaaten zeige die Wertschätzung für die EU-Beamten aller Institutionen, ärgerte sich Entmayr im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Es handelt sich beim EU-Beamtenstatut tatsächlich um einen Rechtsakt, den die Mitgliedsstaaten selbst beschlossen haben. Aus politischen Erwägungen halten sie aber das Ergebnis in Zeiten der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg mit explodierenden Arbeitslosenzahlen für nicht angemessen. Sie berufen sich auf eine Krisenklausel im Beamtenstatut, laut der die Kommission "abrupte wirtschaftliche und soziale Verschlechterungen" zusätzlich zur Formel berücksichtigen müsse. Nach der einstimmigen Halbierung der Gehaltserhöhung werde nächstes Jahr wohl auch eine Änderung "der Methode" angegangen, hieß es in Diplomatenkreisen.

Die Entscheidung der Mitgliedsstaaten vom Freitag könnte jedoch kurzlebig sein. In einem vergleichbaren Fall im Jahr 1972 hat der EuGH nur fünf Monate gebraucht, um die Entscheidung der EU-Staaten gegen die vorgegebene EU-Gehaltserhöhung für rechtswidrig und nichtig zu erklären. Eine wahrscheinliche Variante wäre also, dass die Beamten um ihr "Weihnachtsgeld" umfallen und ihr volles Gagenplus erst im Sommer rückwirkend ab Juli 2009 erhalten.