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Erinnerungen aus Gips

Von Andreas Rauschal

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"Man ist fast wie ein kleiner Vampir, der den Ruhm aus den Stars heraussaugt" - entweder hatte man es an dieser Stelle mit einem Fall akuter Selbstüberschätzung zu tun oder "Ruhm" stand für etwas anderes. Die Frau, die so sprach, erzählte jedenfalls über ihre Erfahrungen als Groupie in den 60er- und 70er-Jahren. Mit "Groupies - Backstage zu den Stars" widmete sich Arte am Dienstag jenen Frauen, die in ihrem Beischlafdrang vor allem über Rockstars herfielen. Drei besonders umtriebige Beispiele plauderten über ihre Bettgeschichten mit Jimmy Page, Jim Morrison, Mick Jagger und anderen. "Jimi Hendrix war der Größte", konstatierte Cynthia aus Chicago, die es wissen muss. Die Gipsabdrücke aus der Region unter der Gürtellinie, die sie ihren Helden einst abnahm, stehen als Jagdtrophäen bis heute in ihrer Wohnung.

Dabei erzählte Arte die Geschichte als (Zeit-)Geschichte der Emanzipation und des Aufbegehrens. Die sexuelle Revolution oder der Siegeszug der Popkultur führten nicht nur zum Streit der Generationen. Vor allem auch die Frauenbewegung beobachtete die Groupies mit Skepsis. Die Damen aus der ersten Reihe aber blieben dabei: "Sie haben sich an uns bedient, und wir uns an ihnen."

Die Professionalisierung des Rock’n’Roll und seine kommerzielle Verwertung machten aus dem früher leicht zu erstürmenden Backstagebereich aber bald eine Festung. Das Tor fiel ins Schloss, die drei Groupies gingen in Frühpension. Es blieb die Erinnerung.

Wertvolle Tipps hat mir die Dokumentation jedenfalls nicht geliefert. Meine Freundin findet das gut - und Joanna Newsom ist demnächst ohnehin nicht in der Stadt.