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Kürzlich fühlte sich die Universitätsbibliothek Wien verpflichtet, mitzuteilen, dass sie nicht gedenke, Hakenkreuz-Stempel aus Büchern ihres Bestandes zu entfernen. Besorgte Studenten würden immer wieder darauf hinweisen und fordern, dieser Makel müsse entfernt werden. Nun kann man nur hoffen, dass diese Forderungen nicht von Studierenden der Geschichtswissenschaft gestellt werden. Ausblenden statt genau hinschauen - das würde kein strahlendes Licht auf die zukünftige historische Forschung Österreichs werfen. An die 65.000 Bücher tragen diesen Stempel, sie kamen zwischen 1938 und 1945 in die Bibliothek. Sie sind historische Dokumente, und es wäre fahrlässig, aus falsch verstandener politischer Korrektheit die Stempel zu überkleben. Für das Verständnis einer Diktatur ist nicht zuletzt wichtig, welche Informationen erlaubt waren - und welche nicht. Wer, wenn nicht eine Bibliothek, könnte das besser vermitteln? Ähnliche Begehren hörte man im Zuge der Debatte um ein Verbot der Flagge der Konföderierten in den USA. Da geriet unversehens auch ein Film ins Fadenkreuz: "Vom Winde verweht" solle auch verboten werden, das Bombast-Südstaatendrama verherrliche den Krieg der Südstaaten und verharmlose Sklaverei.
Keine Frage, das ist schon so. Aber der Film stammt aus dem Jahr 1939, das zugrunde liegende Buch aus 1936. Für geschichtsbewusste Menschen müsste es auch interessant sein, zu sehen, wie man zu dieser Zeit Geschichte(n) fabrizierte. Im Heute leben wir sowieso selbst. Und Denkverbote haben noch selten zu Erkenntnissen geführt.