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Erleuchtung der totalen Dunkelheit

Von Judith Belfkih

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Alle des Multitaskings fähigen Mitmenschen wissen es: Mit unterschiedlichen Sinnen mehreren Tätigkeiten gleichzeitig nachzugehen, funktioniert. Mitunter leidet jedoch die Qualität der einzelnen Erledigungen. Sprich, das eine lenkt dann doch vom anderen ab. Gleichzeitig ist die Reduktion auf nur eine Tätigkeit vielen Usern im multimedialen Zeitalter mittlerweile unmöglich. Nur Fernsehen ohne Tablet oder Handy in der Hand? Telefonieren, ohne dabei die Wohnung aufzuräumen? Sport ohne Musik? Langweilig, und weit unter der heutigen Reizschwelle.

Keine nur erfreuliche Entwicklung. Mehr Effizienz im Tausch für weniger Konzentration und innere Gelassenheit. Abschalten wird da ständig schwerer.

Einen Kontrapunkt zu dieser Entwicklung setzen jetzt auch in Wien Veranstaltungen, die eine ganz bewusste Reduktion vornehmen - auf das Hören. Damit vor allem das Sehen nicht ablenkt, finden sie in absoluter Dunkelheit statt. Sowohl im Angewandte Innovation Laboratory, wo im Herbst ein anonymes Diskussionslabor im Dunklen eröffnet hat, das sich um zentrale gesellschaftliche Themen dreht. Als auch beim demnächst erstmals stattfindenden "Dark Science Slam", bei dem Wissenschafter rein verbal auf kompakte und unterhaltsame Weise von ihren hochkomplexe Forschungsthemen berichten. Beide wollen den Verlust der Bilder produktiv nutzen, eine neue Fokussierung erreichen, Hemmschwellen nehmen. Die Anonymität des Internets in der Realität nachgebaut, sozusagen. Eine Art Darkroom für den Geist. Oder auch eine Gelegenheit für einen unbemerkten Power-Nap.