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In der kommenden Woche wird Infrastrukturministerin Monika Forstinger bei einer Enquete des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) das Maßnahmenpaket zur Verkehrssicherheit präsentieren. Im Vorfeld sorgt ein Vorstoß der Ministerin für Diskussion: Sie könnte sich als Sanktion für schwere Verkehrsdelikte eine Wiederholung der Führerscheinprüfung vorstellen. Sowohl die Autofahrerklubs als auch das KfV stehen dieser möglichen Maßnahme skeptisch gegenüber.
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Nach den Vorstellungen Forstingers könnte Kraftfahrzeuglenkern nach schweren Verkehrsdelikten wie etwa Raserei oder Alkohol am Steuer die Wiederholung der Führerscheinprüfung bevorstehen.
Michael Tiefengruber, Sprecher der Ministerin, betonte am Donnerstag, dass es sich bei dem Vorschlag nur um eine Maßnahme des gesamten Verkehrssicherheitspakets handle. Die Schwerpunkte dieses Pakets seien eine bessere und umfassendere Ausbildung, eine stärkere Bewusstseinsbildung sowie mehr Kontrollen. Als weitere Beispiele nannte Tiefengruber massiveres Vorgehen gegen Drogenkonsum am Steuer sowie Kampagnen gegen Raserei.
Der Koalitonspartner ÖVP stimmte der Idee prinzipiell zu: Deren Klubobmann Andreas Khol betonte bei einer Pressekonferenz, der Ansatz sei "im Grundsatz richtig", allerdings nicht mit der ÖVP abgesprochen. Auch Innenminister Ernst Strasser bezeichnete die Forderung als "zu diskutieren".
Der Diskussion stellen sich vor allem auch die Autofahrerclubs, die sich skeptisch und ablehnend zeigten. Sie fordern vor allem die intensivere Anwendung der bestehenden Vorschriften. Denn die Möglichkeit des Führerscheinentzugs gibt es bereits. Der Vorschlag Forstingers sei "unausgegoren", betonte Karl Obermair, Sprecher des ÖAMTC, gegenüber der "Wiener Zeitung", "weil die Möglichkeit de facto besteht." Auch der ARBÖ sieht die Forderung als "entbehrlich", erklärte Präsident Herbert Schachter in einer Aussendung.
Der Verkehrsclub Österreich (VCO) meinte in einer Aussendung, der Voschlag würde kaum zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen. Lebensrettend würden allerdings der Punkteführerschein sowie eine Mehrphasenführerscheinausbildung wirken.
Das KfV sieht darin eine Maßnahme, "die sich, wie Studien beweisen, bereits als erfolglos herausgestellt hat", betonte Gregor Bartl, Verkehrspsychologe beim KfV und Projektleiter der Mehrphasenausbildung, gegenüber der "Wiener Zeitung". Keinen Erfolgsnachweis gebe es etwa in Großbritannien, wo es diese Sanktion bereits gebe. "Bessere Maßnahmen" würden außerdem bereits existieren, wie etwa die verkehrspsychologische Nachschulung nach einem Führerscheinentzug. Im Zuge eines Antrags auf Wiedererteilung der Lenkerberechtigung sei derzeit eine verkehrspsychologische Begutachtung in Hinblick auf Leistungsfähigkeit, Reaktion und Persönlichkeit möglich. Das "Rückfallrisiko", etwa Alkohol am Steuer oder Raserei, könne laut Studien maßgeblich reduziert werden - nämlich um 50 Prozent.
Eine verstärkte Kontrolle und längerfristig die Einführung des Punkteführerscheins seien Maßnahmen, die selbst notorische Wiederholungstäter aus dem Verkehr ziehen.
Großes Augenmerk legen die Autofahrerclubs und das Kuratorium auf die von ihnen gemeinsam mit dem Fahrschulverband und dem Verkehrsministerium ausgearbeitete Mehrphasenausbildung (das Konzept wurde bereits in der Ausgabe vom 18. Dezember der "Wiener Zeitung" vorgestellt). Diese werde auch ein großes Thema bei der kommenden Enquete in Bad Aussee sein. Die Mehrphasenausbildung sieht im Wesentlichen Feedbackfahrten mit einem Fahrlehrer und ein verpflichtendes Fahrtechniktraining mit psychologischer Schulung vor.
Reaktionen der Parteien
SPÖ-Verkehrssprecher Kurt Eder wertete die Aussage Forstingers als "populistisch". Er unterstrich, dass seine Partei bei Vorschlägen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit immer gesprächsbereit sei, nur müssen diese wirklich neu sein. So sieht Eder etwa das Konzept der Mehrphasenausbildung im Vorfeld der Führerscheinprüfung als eine sehr effiziente Maßnahme.
Eine wiederholte Prüfung könne den Charakter eines Menschen nicht ändern, so der SPÖ-Abgeordnete. "Das wäre so, als ob man einen Patienten mit einem Hammer und nicht mit einem Skalpell operiert."
Die ÖVP trete für ein "Führerscheinbewährungssystem" ein, das nur schwere Verkehrsdelikte von Wiederholungstätern umfasst und die dadurch auch aus dem Verkehr eliminiert werden können, erläuterte Verkehrssprecher Helmut Kukacka in einer Aussendung. Dieses System solle dafür sorgen, "dass betroffene Lenker durch den vorgeschriebenen Besuch von Verhaltenskursen, Einstellungstrainings und allenfalls die Wiederholung der Führerscheinprüfung ihr gestörtes Verhältnis zum Verkehr verbessern."
In diesem Zusammenhang sei die ÖVP auch gesprächsbereit für die von Forstinger angekündigte Wiederholung der Prüfung für notorische Wiederholungstäter, so Kukacka.