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Eröffnet der IS nach Misserfolgen eine neue Front?

Von Michael Schmölzer

Politik

Geheimdienste haben Hinweise, dass Kämpfer gezielt nach Europa geschickt werden.


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Wien/London. Während überall in Europa nach radikalen Islamisten gefahndet wird, sind Geheimdienste bemüht, das Ausmaß der tatsächlichen Bedrohung realistisch einzuschätzen. Verschiedene europäische Behörden haben Informationen, wonach die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) europäische Kämpfer angewiesen hat, in ihrer Heimat Anschläge zu verüben.

Auf den ersten Blick verwundert das. Denn der IS hatte bis jetzt seinen Fokus - anders als die Al Kaida - rein in Syrien und im Irak. Dort sind die Islamisten mit dem Aufbau eines totalitären Gottesstaates beschäftigt, der sich erst in unbestimmter Zukunft auch nach Europa ausdehnen soll.

Seit einiger Zeit sind die IS-Milizen in Syrien und im Irak aber in der Defensive. Gebiete gehen nach Luftangriffen wieder verloren, vermehrt kommt es zu Desertionen. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass in Europa eine neue Front eröffnet werden soll, um wieder Erfolge vorweisen zu können. Dazu kommt, dass man sich für die Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien und im Irak rächen will.

20 "Schläfer-Zellen"

Tatsache ist, dass Sicherheitskräfte überall in Europa auf der Suche nach Terrorzellen sind. CNN zitiert eine Geheimdienstquelle, wonach es in Frankreich, Deutschland, Belgien und den Niederlanden rund 20 "Schläfer-Zellen" geben soll, insgesamt umfassen sie 120 bis 180 Personen. Die Gefahr wird von den Geheimdienst-Quellen als akut eingestuft. Das ist der Grund, weshalb die Polizei derzeit in Belgien, Frankreich, Deutschland und in Großbritannien versucht, in Kommandoaktionen sämtliche islamistische Bedrohungen auszuschalten.

Dass das gelingen kann, wird von Experten ausgeschlossen. Der Terrorismus organisiert sich mittlerweile kleinzellig in Gruppen von drei bis maximal zehn Personen, die einander sehr gut kennen und danach trachten, nichts nach außen dringen zu lassen. In dem Maß, wie die Behörden ihre Überwachungsmaßnahmen verstärkten, gelingt es den Terroristen, Spuren zu verwischen - oder erst gar keine zu hinterlassen.

Für die Anschläge auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" hat Al-Kaida im Jemen die Verantwortung übernommen. Terrorexperten sind nicht sicher, ob das tatsächlich der Wahrheit entspricht. Es gibt noch keine Hinweise, dass IS und Al-Kaida bei der Planung von Anschlägen in Europa zusammenarbeiten.