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Ersatz für die Hacklerregelung

Von Karl Ettinger

Politik

ÖVP und Grüne planen "Frühstarterbonus" ab 2022. Davon profitieren Lehrlinge und Frauen.


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Bei der Abschaffung der abschlagsfreien Frühpension nach 45 Arbeitsjahren mit 62 dürfte es jetzt schnell gehen. Die beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne streben eine Ersatzlösung an: Arbeitsjahre zwischen dem 15. Und 20. Lebensjahr werden als "Frühstarterbonus" mit 60 Euro zusätzlich Pension pro Monat angerechnet, gleichzeitig würde ab 2022 die Hacklerregelung, die erst seit heuer wieder gilt, abgeschafft. Schon am Freitag dieser Woche ist der Beschluss im Nationalrat vorgesehen. Grundsätzlich würden von der Ersatzlösung speziell Lehrlinge sowie Frauen profitieren, wie Pensionsexperten der "Wiener Zeitung" erläuterten.

Mit den Plänen für einen Frühstarterbonus nach dem Wegfall der Hacklerregelung ging Montagfrüh die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer via Austria Presse Agentur an die Öffentlichkeit. ÖVP-Klubobmann und Sozialsprecher August Wöginger stellte klar, Details seien noch zu klären.

Vor allem die SPÖ läuft Sturm. Sie hat für den Erhalt der abschlagsfreien Hacklerpension nach 45 Berufsjahren ab 62 mit der Gewerkschaft gekämpft. Bis Mitte dieses Jahres haben schon rund 7.000 Männer diese günstige Form der Frühpension ab 62 genützt. Die SPÖ wird deswegen am Dienstag im Nationalrat Bundeskanzler Sebastian Kurz in einer Dringlichen Anfrage zur Neuregelung ab 2022 zur Rede stellen.

Vor- und Nachteile

Frauen profitieren: Der Nachteil der Hacklerfrühpension ab 62 besteht darin, dass sie praktisch nur von Männern genützt werden kann, weil das reguläre Pensionsalter der Frauen für Arbeitnehmerinnen, Bäuerinnen und Gewerbetreibende noch bei 60 liegt. Allerdings erfolgt für Frauen ab dem Jahrgang 1963 ab 2024 in Halbjahresschritten die Anhebung des Pensionsalters von 60 auf 65 Jahre. Bei Beamten liegt es für Frauen und Männer schon jetzt bei 65. Das ist ein Hauptgrund, warum die Grünen für die Ersatzlösung sind. Diese kommt grundsätzlich jungen Frauen und Männern zugute. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass vor dem Ruhestand 25 Jahre gearbeitet wurde, 20 Jahre kürzer als bei der Hacklerregelung. Das erhöht die Chance, dass Mütter trotz Kindererziehungszeiten diese Hürde überspringen.

Weniger als bisher

ÖVP und Grüne wollen laut Maurer, dass der Frühstarterbonus für die Arbeitsjahre vom 15. bis zum 20. Lebensjahr 60 Euro mehr Pension bringt. Das wäre wesentlich weniger als die abschlagsfreie Hacklerpension. Diese brachte vor allem wegen der langen Beitragszeiten von 45 Jahren durchschnittlich im Monat rund 300 Euro mehr Pension. Die Hacklerpensionen waren mit rund 2.900 Euro überdurchschnittlich hoch. Rainer Wimmer, Chef der SPÖ-Gewerkschafter, sprach von Pensionsraub.

Niedrigere Kosten

Das erklärt auch, warum die türkis-grüne Koalition mit niedrigeren Kosten von 30 bis 50 Millionen pro Jahr durch den Frühstarterbonus rechnet. Die Mehrkosten bei der Hacklerregelung wurden mit 50 Millionen Euro beziffert, wegen der regen Inanspruchnahme werden aber höhere Aufwendungen erwartet. Vom Frühstarterbonus profitieren zwar Frauen und Männer und insgesamt mehr Personen, diese aber nur mit 60 Euro im Monat. Außerdem sind die Löhne zum Berufseinstieg naturgemäß wesentlich niedriger. Im Regelfall werden vor allem Lehrlinge in den Genuss der Neuregelung ab 2022 kommen. Für Schul- und Studienzeiten ist vorerst kein Frühstarterbonus vorgesehen, weil nur junge arbeitende Menschen diesen erhalten sollen. Damit wird die Lehre attraktiver.

Offene Punkte

Etliche Details müssen erst ausverhandelt werden. Ungeklärt ist etwa die Frage, was die Ersatzlösung mit dem Frühstarterbonus für die Schwerarbeiterpension (Mindestmaß an Jahren als Arbeit in Schwerarbeiterberufen, während bei der Hacklerpension die Dauer mit 45 Jahren ausschlaggebend ist) sowie für Invaliditätspensionen (Frühpensionen wegen Krankheit) und Sonderruhegeld (Pension für Nachtschichtarbeiter etwa in der Voest) bedeutet. Offen ist auch, ob es einen Frühstarterbonus für Beamte geben wird.

Beschluss unter Druck

Die Änderung wurde nicht im Sozialausschuss beraten, sondern landet ohne jegliche Begutachtung per türkis-grünem Antrag am Freitag direkt zum Beschluss im Nationalratsplenum. Intern gab es auch bei schwarzen Arbeitnehmervertretern Widerstand. So haben in der Vorwoche Christgewerkschafter und grüne Gewerkschafter in der AK-Vollversammlung mit den roten Gewerkschaftern gegen die Abschaffung der Hacklerfrühpension gestimmt. In den ÖVP-dominierten Arbeiterkammern in Tirol und Vorarlberg gibt es auch Gegenwind im Falle einer Abschaffung.