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Preßburg - Eine Affäre kommt selten allein. Davon kann Vladimir Meciar, Vorsitzender der oppositionellen Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS), in diesen Tagen ein Lied singen. Die Finanzierung des Umbaus seiner Villa beschäftigt die slowakischen Medien schon seit mehr als zwei Monaten, mittlerweile haben sich auch die Finanzbehörden eingeschaltet. In der Vorwoche kam eine weitere Panne dazu: Funktionäre, für die sich auf der Kandidatenliste der Partei kein Platz fand, wollen sich politisch selbstständig machen und die neue Partei "Bewegung für Demokratie" (HZD) gründen.
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Manche Beobachter meinen sogar, die Schaffung der neuen Partei sei der Anfang vom Ende der HZDS.
Das ist sicher eine übertriebene und voreilige Schlussfolgerung. Jedenfalls aber schafft die neue Partei Unsicherheit in den Reihen von Meciars Getreuen.
Und schließlich war die Nachricht von der Gründung der HZD noch nicht verdaut, da platzte bereits die dritte Affäre los: Ivan Lexa, Ex-Direktor des Slowakischen Geheimdienstes (SIS) wurde in Südafrika verhaftet und überraschend schnell in die Slowakei expediert. Diese Affäre kam nicht aus heiterem Himmel: Lexa, der im Juli 2000 aus der Slowakei geflohen war - übrigens hatte er dabei seinen diplomatischen Pass benutzt -, gilt als Schlüsselfigur bei der Klärung der wichtigsten Fälle des Missbrauches politischer Macht in der Periode 1994 bis 1998, als die HZDS eine dominante Rolle in der Regierung spielte.
Meciar reagierte auf alle drei Affären mit dem Versuch, die Vorgänge zu verharmlosen. Das Interesse der Medien und Behörden an der Finanzierung des Umbaues seiner Villa seien typische Beispiele einer Kriminalisierung der Opposition, die Entstehung der neuen Partei, die sein einstiger Protege Ivan Gasparovic gründete, wiederum zum Teil ein notwendiger Reinigungsprozess und zum Teil ein Komplott der Regierungsparteien. Zum Fall Lexas hat die HZDS noch keine einheitliche Strategie der Marginalisierung. Die alte These, es handle sich um eine Kriminalisierung eines oppositionellen Politikers, hat längst ihre Glaubwürdigkeit verloren.
Die Festung HZDS erstmals erschüttert
Der Zusammenfall der drei Affären drängte die HZDS in die Defensive. Das ist für Meciar eine neue Situation. Er war gewöhnt, die politische Agenda selber zu bestimmen, die anderen waren zum Reagieren verurteilt. Das Blatt hat sich gewendet: Die HZDS ist konfrontiert mit Peinlichkeiten, die man nicht leicht vom Tisch fegen kann.
Es ist kaum zu erwarten, dass diese Affäre die HZDS lähmen kann. Es wächst aber der leere Raum rund um die stärkste oppositionelle Partei. Die Mitte-Rechts-Parteien haben längst begriffen, dass die Isolierung der HZDS für sie den einzig gangbaren Weg darstellt.
Die jüngsten Affären passen genau in diese Strategie. Von ihrer Warte her ist die HZDS eine Festung, die man umfahren kann. Von wem dieses Umgehungsmanöver vollendet wird, bleibt aber eine offene Frage. Schon heute ist klar, dass die Position von Mikulas Dzurinda im Kreuzfeuer der neuen oppositionellen Parteien Smer (Richtung) und Allianz des neuen Bürgers (ANO) liegt. Weder Robert Fico noch Pavol Rusko wollen Dzurinda in der kommenden Regierung haben.
Im Hintergrund lauert noch immer die Angst vor der Rückkehr Meciars. Lubomir Lintner, der Vizevorsitzende der ANO, fasste am Sonntag für das slowakische Fernsehen seine Erfahrung von Wahlversammlungen zusammen: "Diese Parlamentswahlen werden die Wahlen des Trotzes. Es erwarten uns große Überraschungen." In der Slowakei gibt es nur eine Partei, die fähig ist, die Energie des Trotzes zu absorbieren und politisch zu verwerten. Erst die Wahlergebnisse entwirren, ob die Festung HZDS wirklich umgehbar ist.