Zum Hauptinhalt springen

Erst Dusika, dann Karajan

Von Edwin Baumgartner

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Jetzt wird also überlegt, das Ferry Dusika Stadion umzubenennen. Der herausragende Radsportler ist angeblich den Nationalsozialisten zu nahe gestanden. Also soll auf die posthume Ehrung nun die posthume Demütigung folgen.

Mir freilich geht das nicht weit genug. Die Straßen und Bauten Wiens müssen von allen Namen, deren Träger mit dem Nationalsozialismus zu freundschaftlich verkehrten, gesäubert werden.

Die Lehárgasse im 6. Bezirk ist der nächste Fall. Der Operettenkomponist denunzierte 1938 bei seinem Gönner, SS-Sturmbannführer Hans Hinkel, den jüdischen Rechtsanwalt Eitelberg.

Ganz unverdächtig ist selbst der Anton-von-Webern-Platz im 3. Bezirk nicht, denn Webern war zwar ein "entarteter" Komponist, der eine Art Heiligenstatus genießt, seit er von einem amerikanischen Besatzungssoldaten 1945 irrtümlich erschossen wurde, aber dieser Webern war eben auch ein begeisterter Nationalsozialist.

Und vielleicht kann man, wenn man schon säubert, die Johann-Strauß-Gasse in die Umbenennungsideen miteinbeziehen, denn der ursprüngliche Text des "Donauwalzers" ist antisemitisch.

Doch im Ernst: Wenn man Ferry Dusika sein Stadion wegnimmt, dann zwangsläufig auch Herbert von Karajan seinen Platz im 1. Bezirk. Denn wenn einer NS-Karrierist war, dann dieser Dirigent, der zwei Mal der NSDAP beitrat und in Paris seinen Einstand mit dem "Horst-Wessel-Lied" gab, für das er überhaupt eine gewisse Vorliebe hegte. Aber wer traut sich schon in Österreich, gegen das "Wunder Karajan" (übrigens ein Ausdruck der NS-Presse) vorzugehen?