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Erst kommt die Matura, dann die GmbH

Von Mathias Ziegler

Wirtschaft
Konstantin Klingler (l.) und Moritz Stephan haben Lobu.at gegründet.
© Laubner

Mit ihrem Start-up machen vier Schüler Amazons Buchversand auf lokaler Ebene Konkurrenz.


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Wien. Vier Schüler haben sich zusammengetan, um die Wiener Wirtschaft zu fördern. Die beiden 17-Jährigen Moritz Stephan und Konstantin Klingler von der Sir Karl Popper Schule am Wiedner Gymnasium haben im Jänner 2017 das Start-up Lobu.at gegründet, an dem sich inzwischen zwei weitere Schulkollegen beteiligen. "Lobu" steht dabei für "Lokaler Buchhandel" beziehungsweise "Local Buy". Das Konzept besteht nämlich darin, Bücher an Wiener Kunden nicht aus dem Internet, sondern von Buchhändlern aus der Umgebung auszuliefern (die "Wiener Zeitung" berichtete).

Seit Dienstagabend sind sie ihrem Ziel einen riesengroßen Schritt näher: Als jüngste Teilnehmer bei "2 Minuten 2 Millionen" haben sie mit Erfolg in der Start-up-Show des TV-Senders Puls4 ihr Glück versucht, um von den dortigen Investoren 30.000 Euro zu bekommen. "Das sind die Kosten für die Entwicklung des Chatbots, den wir gerade fertigprogrammiert haben", erklärt Konstantin. Mit dem neuen Software-Tool soll Lobu.at nach einer Testphase im 18. Bezirk nun auf ganz Wien ausgeweitet werden. Und wer weiß, wohin es in weiterer Folge noch gehen kann.

In der Puls4-Show sorgten sie bei den fünf Unternehmern für Lacher und totale Begeisterung, vor allem mit ihrem Understatement. Da fielen Sätze wie: "Wir haben auch ein paar Start-up-Wettbewerbe gewonnen, mit den Preisgeldern haben wir unser Projekt vorfinanziert." Und das aus dem Mund eines 17-Jährigen. Im Grunde war sehr schnell nicht die Frage, ob Lobu.at Geld von den Löwen bekommen sollte, sondern nur, in welcher Form.

Firmenwert: rein rechnerisch rund 450.000 Euro

Als Konkurrenz zu Amazon sehen sich die vier Schüler nur bedingt, "dazu sind wir wohl zu klein - aber wenn es eine Möglichkeit gibt, dass die Leute lokal einkaufen, dann wollen wir das ermöglichen", meint Moritz. Das ist auch der Punkt, der den Start-up-Investor Hans Peter Haselsteiner besonders beeindruckt hat: "95 Prozent der Güter, die man bei Amazon bekommt, gäbe es auch um die Ecke. Das muss man doch fördern. Der Kampf gegen Amazon und Google ist ja praktisch eine Menschenpflicht." Folgerichtig will das Lobu.at-Team jetzt einmal mit Büchern beginnen und dann schauen, was sonst noch möglich ist. "Man könnte mit dem Grundkonzept natürlich auch noch vieles andere liefern", sagt Konstantin. "Das ist ein Thema, das man einfach unterstützen muss", sagt auch Startup300-Gründer Michael Altrichter, der selbst mit zwölf Jahren an seinem Commodore herumprogrammiert und später mit Apps ein Vermögen gemacht hat.

Haselsteiner war es denn auch, der die anderen Löwen zu einem gemeinsamen Investment inklusive Erhöhung von 30.000 auf 50.000 Euro (davon 10.000 in Form von Leistungen der Kreativagentur 7 Ventures) drängte. Und das für 11 Prozent Beteiligung an dem Unternehmen, das die vier Schüler erst nach ihrem 18. Geburtstag als GmbH so richtig gründen können. Rein rechnerisch ist Lobu.at damit jetzt rund 450.000 Euro wert.

Das Lobu.at-Team war von diesem Ergebnis dann doch überwältigt. "Das wir irgendetwas bekommen würden, damit hatten wir schon spekuliert", meint Moritz. Aber auf ein solches Ergebnis hätte er nicht gehofft. Konstantin erzählt, dass er zwar vor der Sendung schon sehr nervös war, "aber die waren alle supernett, und es hat echt großen Spaß gemacht, dort aufzutreten". Vor allem aber haben sie Hans Peter Haselsteiner inspiriert: "Mein Sohn geht in die 7. Klasse - dem werde ich das gleich vorspielen", sagte er am Ende der Sendung.

Schnittstellen verbessern

Bis das Geld dann tatsächlich in Lobu.at investiert ist, wird es noch ein bisschen dauern. "Da wird es noch einige Verhandlungsrunden geben", sagt Moritz, der die Planung für die nähere Zukunft skizziert. "Der Chatbot hat im Testlauf schon gut funktioniert, jetzt versuchen wir mehrere Buchhändler für eine größere Testphase an Bord zu bekommen." Am Anfang läuft das System manuell via Facebook-Anfragen, später könnte es automatisiert werden. "Die große Schwierigkeit ist momentan noch der Zugriff auf die Warenwirtschaftssysteme, da gibt es noch viele Kompatibilitätsprobleme", erläutert Moritz. Hier soll - auch dank Hilfe der Löwen - an Verbesserungen gearbeitet werden.

Die Auslieferung der bestellten Bücher erfolgt derzeit per Post, "wir sind aber auch im Gespräch mit verschiedenen anderen Versanddienstleistern", berichtet der Maturant, der voriges Jahr im ersten Anlauf mit dem Fahrrad durch den 18. Bezirk geradelt ist und Bücher ausgetragen hat. "Am Donnerstag hat die Buchhandlung bis 20 Uhr geöffnet. Man könnte uns theoretisch bis 19.50 Uhr eine SMS schreiben. Da unser Lieferfenster von 19 bis 21 Uhr ist, wäre das Buch in 30 Minuten da. Das ist natürlich der Extremfall", rechnete Moritz im Sommer 2017 der "Wiener Zeitung" vor.

Im Maturajahr war diese Methode aber zeitlich nicht mehr machbar - zumal Moritz parallel zu Lobu.at auch noch ein anderes Projekt laufen hat: Gemeinsam mit zwei Schulkollegen hat er einen Mars-Rover gebaut, der jüngst im Oman in einer Wüstensimulation vom Österreichischen Weltraumforum getestet wurde (die "Wiener Zeitung" berichtete). Die Erkenntnisse aus diesem Test sind ambivalent. Zwar wurde das Gefährt durch Materialermüdung beschädigt, es stehen aber noch Testergebnisse aus, die durchaus interessant sein könnten. "Wir haben gelernt, dass unsere 3D-gedruckten Verbinder leider nicht so stabil sind, jetzt arbeiten wir an einer Verbesserung", sagt Moritz. "Ich freue mich schon sehr, wenn wir den Rover wieder hier in Wien haben, dann können wir alles in Ruhe testen."

Ihr Konzept haben die jungen Rover-Entwickler vorige Woche auch an der Universität Wien beim Internationalen Kongress für Physikwettbewerbe vorgestellt. "Dort haben wir auch verschiedenste wichtige Leute aus diesem Bereich kennengelernt." Nebenher bereiten sich die Schüler auf die Matura vor. "Manchmal fragt man sich schon, ob ihnen das nicht alles zu viel wird", sagt dazu ihr Physiklehrer Josef Pürmayr, der mitunter von seinen Schülern auch noch um 2 Uhr nachts akute Anfragen bekommt. "Aber sie strotzen dann trotzdem am nächsten Tag so vor Energie, dass ich mir keine Sorgen mache. Man merkt einfach: Sie haben sich ein Ziel gesteckt und sind voll motiviert, es zu erreichen." Um die Maturanoten der Beteiligten macht er sich jedenfalls überhaupt keine Sorgen.