Zum Hauptinhalt springen

Erst mit 72 Jahren in Pension?

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Wirtschaft

Österreich folgt Empfehlungen Brüssels im Sparpaket nur teilweise.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Brüssel. Immer mehr Pensionisten, immer weniger Erwerbstätige, die das Einkommen der Älteren sichern: Der demografische Wandel macht nicht nur den einzelnen EU-Staaten Sorgen, sondern auch der Europäischen Kommission. Daher legte die Brüsseler Behörde nun ihre Vorschläge für "angemessene, sichere und nachhaltige Pensionen" vor.

Darin plädiert sie dafür, das Pensionsantrittsalter stärker an die Lebenserwartung zu koppeln. Und da diese steigt, müsste auch die Dauer der Erwerbstätigkeit länger werden. Zwar vermied es EU-Sozialkommissar Laszlo Andor bei der Präsentation der Vorschläge, Zahlen zum Pensionsantrittsalter zu nennen. Doch Berechnungen zur Lebenserwartung gibt es, und wenn die für Männer bis zum Jahr 2060 um rund sieben Jahre steigt, würde das die Erwerbstätigkeit um dieselbe Zeit verlängern - also Arbeiten bis 72. Das Pensionsantrittsalter von Frauen sollte sowieso jenem der Männer angeglichen werden, findet die Kommission.

Diese Anhebung reiche allerdings nicht, um die Pensionssysteme zu sichern, erklärte Andor. Ebenso müsste die Erwerbsquote älterer Menschen steigen. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Staaten: Während in Malta beispielsweise nicht einmal jeder dritte 55- bis 64-Jährige arbeitet, sind es sieben von zehn in Schweden. In Österreich betrug die Quote 2010 etwas mehr als 42 Prozent.

Schon jetzt sind Pensionen für knapp ein Viertel der Bevölkerung in der EU die wichtigste Einnahmenquelle, und sie machen im Schnitt ein Zehntel der Wirtschaftsleistung aus. Diese öffentlichen Ausgaben werden wohl weiter steigen. Die Zahl der Menschen, die älter als 60 Jahre sind, wird nämlich nach Angaben der Kommission in acht Jahren um 20 Millionen steigen. Doch wird es dann um sechs Millionen Erwerbstätige weniger geben.

So dreht sich alles um die Finanzierbarkeit der Pensionssysteme. Dafür müssten die Beschäftigungsquote vor allem älterer Arbeitnehmer sowie die Produktivität gesteigert werden. Ebenso wäre der Zugang zum frühzeitigen Ruhestand einzuschränken und die private Zusatzvorsorge stärker zu fördern, meint die Kommission. Weiters schlägt sie den Regierungen vor, mit den Sozialpartnern dafür zu sorgen, die Arbeitsplatzsituation und damit die Chancen für ältere Erwerbstätige zu verbessern. Bei bestimmten Maßnahmen kann die EU die Länder auch finanziell unterstützen - mit Mitteln aus dem Sozialfonds.

Österreich folgt den Empfehlungen der EU-Kommission im jüngsten Sparpaket nur teilweise. So ist die rasche Angleichung des Pensionsantrittsalters von Männern und Frauen nicht geplant: Erst ab 2033 sollen beide Geschlechter mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen. Allerdings arbeitet Wien daran, einen weiteren Kritikpunkt auszuräumen, der den Zugang zur Invaliditätspension betrifft. Statt dieser soll es für Unter-50-Jährige künftig Rehabilitationsgeld geben.