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Erste Anzeichen von Sturm

Von Martina Madner

Politik

Die Kollektivvertragsverhandlungen der Metaller versprechen heuer konfliktträchtig zu werden.


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Wien. Eigentlich wollten Christian Knill und Berndt-Thomas Krafft, Obmann bzw. Geschäftsführer des Fachverbands Metalltechnische Industrie in der Wirtschaftskammer, vor dem Start der Kollektivvertragsverhandlungen am 20. September nur Fakten auf den Tisch legen. Eigentlich, denn die beiden Arbeitgeber-Vertreter ließen sich auch zu kritischen Bemerkungen über ihr Gegenüber, die Gewerkschaft, hinreißen.

Zum Beispiel werde die Stimmung von diesen "künstlich aufgepuscht", sagte Knill. Dafür, dass die Gewerkschaft die Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden auch bei den Kollektivvertragsverhandlungen zum Thema machen will, hat er wenig Verständnis. "Wir bieten keine Plattformen für politische Kampagnen." Und: "Wir sind nicht der Adressat für Kritik an der Regierung" und "die behaupteten Nachteile müssen erst bewiesen werden", richtet er dem Gegenüber stattdessen aus.

In der Branche sei die Vier-Tage-Woche bereits laut Kollektivvertrag möglich. "Das jetzige Gesetz bringt für uns nichts", schließt Krafft daraus - und beide legen mit der Forderung nach weiterer gesetzlicher Flexibilisierung der Arbeitszeiten noch ein Schäuflein nach - und zwar nach einer Ausweitung der Gestaltungsmöglichkeiten der Jahresarbeitszeiten durch Arbeitgeber.

Strittige Ausgangsbasis

Aber zurück zu den präsentierten Daten. Die Beschäftigung in der metalltechnischen Industrie stieg von rund 125.000 Anfang 2015 auf 134.148 im April 2018, "von Jobverlusten durch die Digitalisierung kann also keine Rede sein", sagt Knill. Angesichts von 4120 Euro Gehalt und 2607 Euro Lohn pro Monat im Durchschnitt des Jahres 2016 laut Umfrage unter den Mitgliedsbetrieben meint er: "Wir zahlen hervorragend, das wird von der Gewerkschaft oft ignoriert." Auch der Reallohnverlust sei angesichts eines jährlichen Plus von durchschnittlich 5,9 Prozent seit 2011 ein "Mythos".

Das Wirtschaftswachstum schwäche sich 2019 schon wieder ab, die Lohnstückkosten seien in Österreich mit 14,4 Prozent im Vergleich zu 8,5 Prozent im EU-Durchschnitt aber hoch, genauso wie die Inflationsrate: Diese liege in der EU bei niedrigeren 1,7 Prozent im Vergleich zu "hausgemacht hohen" 2,1 Prozent in Österreich. Und man könne sie bei einer Exportquote von 78,4 Prozent nicht in den Preisen bei den Kunden abbilden.

Schon im vergangenen Jahr hat man deshalb mehrere Runden dafür gebraucht, sich darauf zu einigen, welche Inflationsrate die relevante ist. Ähnlich schwierig dürfte es auch heuer sein, die Ausgangsbasis für die Verhandlungen außer Streit zu stellen, glaubt Rainer Wimmer, Vorsitzender der Produktionsgewerkschaft (Pro-Ge): "Nur ein Beispiel, da wurde mit einem Produktivitätszuwachs von 1,4 Prozent argumentiert. Das ist schon Fakt, aber jener aller Branchen, inklusive der Frisöre. In unserer Branche liegt er über sechs Prozent, es ist also auch Schwindeln. Das ist aber eine Kleinigkeit, ich würde das also nicht überbewerten."

Arbeitszeit wird Thema sein

Dem Wunsch der Arbeitgeber nach unpolitischen Verhandlungen würden die Gewerkschaften jedenfalls nicht nachkommen: "Künstlich ist die Aufregung überhaupt nicht", sagt Wimmer. Arbeitnehmer-Rechte würden durch das Arbeitszeitgesetz, aber auch durch den Umbau von Unfall- und Krankenversicherung "ganz massiv zurückgedrängt": "Auch die Arbeiterkammern zu schwächen und Betriebsräte auszuhebeln, führt dazu, dass die Arbeitnehmer den Arbeitgebern ohne Schutzschild ausgeliefert sind."

"Diese Stimmung ist nicht dazu angetan, um einen Kuschelkurs zu fahren", schließt Wimmer daraus. "Das wird keine Jausenpartie heuer." Auch die Arbeitszeiten würden bei den Kollektivvertragsverhandlungen eine Rolle spielen. Das Gegenüber sei in Wimmers Augen der passende Adressat für Kritik: "Das Gesetz haben sich die Herrschaften bestellt, der Herr Knill und der Herr Krafft sind da in der ersten Reihe gesessen." Man werde die Arbeitgeber beim Thema Vier-Tage-Woche "beim Wort nehmen und darüber nachdenken, wie wir sie umsetzen können. Denn jetzt gibt es fast nirgends."