Online-Plattform "George" soll künftig nicht nur in allen Osteuropa-Märkten der Bank verfügbar sein.
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Wien. Bankenzukäufe hat der Chef der Erste Group, Andreas Treichl, in nächster Zeit eher nicht im Auge. "Unser Interesse, Filialen zu erwerben, ist äußerst überschaubar", sagte er am Mittwoch in der Bilanz-Pressekonferenz. Trotzdem ist im Konzern der Ersten Expansion angesagt. Als Vehikel dafür soll die Online-Banking-Plattform "George" dienen. Mit ihr will die Wiener Großbank künftig nicht nur in all ihren osteuropäischen Märkten vertreten sein, sondern allenfalls auch die Tür in neue Länder aufstoßen, wo sie keine eigenen Tochterbanken hat.
Welche Länder dies sein könnten, ist vorerst allerdings noch offen. Denkbar wäre zum Beispiel Deutschland.
Indes möchte Treichl die digitale Plattform, die nach seinen Angaben mittlerweile rund zwei Millionen Nutzer hat (davon 1,5 Millionen allein in Österreich), auch fremden Kunden und Banken anbieten. Über "George" sollen Kunden dann Zahlungen von allen ihren Konten - auch von anderen Geldinstituten - online abwickeln können.
Vor RBI und Bawag
Im vergangenen Jahr hat die Erste Group unter Österreichs Großbanken den höchsten Gewinn eingefahren. Unter dem Strich verdiente die Bankengruppe 1,32 Milliarden Euro, was einem Anstieg um gut vier Prozent gegenüber dem Jahr davor entspricht. Zum Vergleich: Die in Osteuropa ebenfalls stark engagierte Raiffeisen Bank International (RBI) konnte 2017 ihren Netto-Gewinn auf 1,12 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Die Bawag, die vor allem in Österreich, aber auch in Deutschland tätig ist (am Mittwoch gab sie den Kauf eines 2,5-Prozent-Anteils an der HSH Nordbank bekannt), kam auf 466,6 Millionen Euro (minus 1,4 Prozent). Für die Bank Austria, die innerhalb der Unicredit-Gruppe nur mehr für Österreich zuständig ist, liegen bisher noch keine Zahlen vor.
Den Anstieg beim Nettogewinn, der für die Erste Group der höchste in ihrer Geschichte ist, begründete Treichl mit dem Rückenwind durch die gute Konjunktur. So habe sich die Risikolage weiter verbessert. Der Anteil der notleidenden Kredite am gesamten Kreditbestand sank von 4,9 auf 4,0 Prozent. "Damit haben wir ein Niveau erreicht, das wir seit der Finanzkrise nicht gesehen haben", ergänzte Treichl.
Einen "ähnlich positiven Trend" sieht der Erste-Chef auch für heuer. Nicht zuletzt deshalb soll die Dividende um ein Fünftel auf 1,20 Euro je Aktie angehoben werden. An der Börse wurden die neuen Nachrichten äußerst positiv aufgenommen: Die Erste-Aktie legte am Mittwoch im Verlauf um bis zu 7,3 Prozent auf 42,20 Euro zu, den höchsten Stand seit 2008.
Dennoch gab es im abgelaufenen Jahr auch mehrere Wermutstropfen. So fielen von den insgesamt verbuchten 132 Millionen Euro an Kosten für Kreditrisiken 116 Millionen allein in Kroatien an - insbesondere wegen der Pleite des dortigen Handels- und Lebensmittelriesen Agrokor. Auch in einem anderen Fall soll die Erste mit einer größeren Kreditwertberichtigung konfrontiert gewesen sein. Die Rede ist von Steinhoff, der kriselnden südafrikanischen Mutter der Möbelhandelskette Kika/Leiner.
Weniger Bankensteuern
Ebenfalls ein Wermutstropfen für die Erste: Beim Betriebsergebnis musste sie wegen höherer IT-Kosten für regulatorisch bedingte Projekte einen Abstrich um 5,7 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro hinnehmen. Für heuer rechnet Treichl jedoch dank rückläufiger Ausgaben wieder mit einem Anstieg des operativen Gewinns. Die Eigenkapitalrendite will er im laufenden Jahr auf mehr als zehn Prozent bringen (2017: 11,5 Prozent).
An Bankensteuern führte die Erste in Österreich und Osteuropa 2017 mit insgesamt 105,7 Millionen Euro um mehr als 70 Prozent weniger ab als im Jahr davor.