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Erste bilaterale Verhandlungen

Von Wolfgang Tucek

Politik

Am Rande der gestern in Peking begonnenen Sechs-Länder-Gespräche über das Atomprogramm Nordkoreas haben erstmals Vertreter der USA und der kommunistischen Führung in Pjöngjang bilaterale Gespräche geführt. Experten erwarteten ein diplomatisches Pokerspiel, bei dem Nordkorea einen hohen Preis für die Aufgabe seines Atomprogramms erzielen will.


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Trotz der optimistischen Eröffnungsworte der hochrangigen Delegierten aus Nordkorea, den USA, China, Südkorea, Russland und Japan waren die grundlegenden Auffassungsunterschiede über das weitere Vorgehen zwischen den Hauptkontrahenten Washington und Pjöngjang unüberhörbar. Als entscheidender Erfolg des ersten Tages wird dagegen das erste direkte bilaterale Gespräch zwischen US-Unterhändler James Kelly und dem nordkoreanischen Vizeaußenminister Kim Kye Gwan gewertet, das nach südkoreanischen Angaben am Rande der Sechser-Gespräche stattfand.

Die Gegensätze

Nordkorea ist bereit, sein Plutoniumprogramm gegen vorher definitiv zugesicherte umfassende Wirtschaftshilfe einzufrieren. Kelly betonte in seiner Eröffnungsrede, dass die USA nicht die Absicht hätten, Nordkorea militärisch anzugreifen. Allerdings wollen die Vereinigten Staaten "einen vollständigen, verifizierbaren und umumkehrbaren Abbau der nordkoreanischen Atomprogramme", sagte der Abteilungsleiter im US-Außenministerium, und zwar ohne jegliche Art von Vorleistungen.

Die Südkorea-Variante

Die erste Sitzung der Sechser-Gespräche sei "kühl und geschäftsmäßig" verlaufen, sagte der südkoreanische Delegationsleiter Lee Soo Hyuck. Südkorea legte einen - bisher weitgehend unkommentierten - Drei-Stufen-Plan vor, der mit einem Einfrieren des Atomvorhabens und einer festen Zusage beginnen soll, wie die Nuklearanlagen beseitigt werden. Im Gegenzug soll Nordkorea Sicherheitsgarantien erhalten. Die zweite Phase sieht Inspektionen zur Überprüfung der Vereinbarung und internationale Energiehilfen für das von Stromknappheit geplagte Land vor. In der dritten Phase soll das Atomprogramm vollständig beseitigt werden.

Das Uran-Problem

Kelly bekräftigte indes die harte Haltung der USA zur Offenlegung und Einstellung von Nordkoreas Uran-Anreicherungsprogramms, das Pjöngjang erst am Vortag abermals als "völlig fiktiv" bezeichnet hatte. Genau die Uran-Frage hatte aber die Krise im Oktober 2002 eskalieren lassen, als Nordkorea Kelly gegenüber laut dessen Aussage das fragliche Programm eingestanden haben soll. Pjöngjang pocht in diesem Zusammenhang bis heute auf einen "Übersetzungsfehler". Die USA sind jedenfalls nicht bereit die Frage der Urananreicherung aus der Diskussion über Nordkoreas Abrüstung auszuklammern, zumal der pakistanische Atomforscher Abdul Qadeer Khan unlängst öffentlich erklärt hatte, diesbezügliches Know-How an Pjöngjang geliefert zu haben.

Die Japan-Situation

Diplomatisch vorsichtiger verhielt sich Japan. Obwohl die Lage der zahlreichen nach Nordkorea entführten Japaner ein zentrales Anliegen Tokyos ist, setzte der japanische Delegationsleiter Mitoji Yabunaka das Thema nicht auf die Tagesordnung der Sechsergespräche, um das kommunistische Land nicht zu verärgern. Er will die Entführungs-Causa diskret bilateral ansprechen.

Minimalkonsens

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten - die schon letzten August die Sechsergespräche scheitern ließen - sprach der chinesische Außenamtssprecher Liu Jianchao gestern von der "Denuklearisierung" als prinzipiellem gemeinsamen Ziel aller Beteiligten und kündigte die Fortsetzung der Gespräche für heute an.