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Erste E-Commerce-Lehrlinge am Start

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Die Zahl der Betrugsfälle im heimischen Online-Handel steigt. Kunden geben oft falsche Identitäten an oder begleichen Rechnungen einfach nicht. 
© fotolia/Andrey Popov

Handelslehre fit für Digitalisierung: Ab Ausbildungsjahr 2018/19 gibt es den neuen Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann.


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Wien. Ohne Online-Shop geht im Einzelhandel heute nichts mehr. Wer mit der Konkurrenz mithalten will, muss seine Waren auch im Internet anbieten - sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Services wie Click & Collect verbinden Online- und Offlinehandel. Dabei wird das Produkt online bestellt und vom Kunden in einer ausgewählten Filiale abgeholt. Return-to-Store wiederum bedeutet, dass ein online gekaufter Artikel im stationären Handel zurückgegeben werden kann.

Weil es dafür speziell ausgebildete Mitarbeiter braucht, wurde im vergangenen Jahr für Lehrlinge im Handel der Zusatzschwerpunkt "Digitaler Verkauf" geschaffen. Ab dem Ausbildungsjahr 2018/2019 gibt es auch den neuen Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann/-frau. Die ersten jungen Leute starten nun mit der neuen Ausbildung, in der sie unter anderem den richtigen Umgang mit Shopmanagementsystemen, Warenpräsentation in Onlineshops, Erstellen von Newslettern und Anwendung von Kundenbewertungssystemen lernen.

Vorerst sind es vorrangig die großen heimischen Handelsbetriebe, die die Chance nutzen, sich ihre eigenen E-Commerce-Experten "heranzuzüchten". Der Handelsverband hat 36 der wichtigsten Handelsunternehmen Österreichs befragt. Ein Viertel von ihnen bietet bereits heuer den neuen Lehrberuf an, Tendenz steigend.

"Wir nehmen vorerst zehn Lehrlinge in diesem Beruf auf", sagt Nicole Berkmann von Spar Österreich. Jährlich werden rund 900 Lehranfänger aufgenommen. Gefordert wird eine große "Leidenschaft für Lebensmittel" und eine ebensolche für "die große weite Onlinewelt".

Alte Lehrberufe, neue Lehrberufe

Rewe International (Billa, Merkur, Penny, Adeg, Bipa) bildet ab September drei künftige Fachkräfte im Omnichannel-Handel aus, heißt es auf Anfrage. Der Schuhhändler Deichmann und die Drogeriewarenkette dm starten mit je einem E-Commerce-Lehrling. Die Leder & Schuh AG mit den Marken Humanic und Shoe4you prüft derzeit, "ob auch wir ab Herbst 2019 einen entsprechenden Ausbildungsplatz anbieten können".

Die Attraktivität der Lehre ist bei den Jugendlichen in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. 2017 wählten laut Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer rund 40 Prozent der 15-Jährigen nach Absolvierung der Pflichtschule die Lehre. 1990 lag der Wert noch bei 47,5 Prozent. Rund 106.000 junge Menschen befinden sich derzeit in einer Lehrausbildung. Als positives Zeichen wird gewertet, dass die Zahl der Lehranfänger um 4,1 Prozent auf 29.690 gestiegen ist.

Zur Auswahl stehen 200 Lehrberufe - von A wie Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistent bis Z wie Zahnärztliche Fachassistenz. Die Ausbildungsordnungen werden laufend an neue Konsumtrends und technologische Weiterentwicklungen angepasst, siehe E-Commerce-Lehre. Rauchfangkehrerlehrlinge lernen künftig auch, wie sie einen Kamera-Roboter in den Rauchfang schicken.

Manchmal werden Lehrberufe auch abgeschafft, ein Schicksal, das etwa im Jahr 1975 den Hufschmied ereilte, da immer weniger Pferde als Arbeitstiere eingesetzt wurden. Mit der steigenden Popularität des Reitsports gab es wieder mehr Pferde zu beschlagen, und der Lehrberuf des Hufschmieds wurde 2010 wieder eingeführt. Derzeit gibt es österreichweit etwa 20 Lehrlinge, informiert Wilfried Wallner, Obmann des Österreichischen Hufschmiedverbands. Ebenfalls in den 1970ern als "nicht mehr zeitgemäß" abgeschafft, aber noch nicht wiederauferstanden ist der Lehrberuf des Fahrradmechanikers. Die Wirtschaft hätte den Lehrberuf gerne wieder, unter anderem auch wegen des anhaltenden Booms bei E-Bikes.

Vorschläge für neue Lehrberufe können sowohl die Wirtschaftskammer als auch Arbeiterkammer oder Gewerkschaften machen. Für die Entwicklung und Begutachtung neuer Lehrberufe und für die Überarbeitung der bestehenden Lehrberufe ist der Bundes-Berufsausbildungsbeirat, ein sozialpartnerschaftlich besetztes Gremium, zuständig.

Ähnliche Ausbildungen können auch zu einer neuen verschmelzen. So entstand 2012 aus den Berufen Dreher, Metallbearbeiter und Werkzeugmaschineur der Lehrberuf Metallbearbeiter. Neu seit 2012 ist auch der Gleisbautechniker. Heuer kamen neben der E-Commerce-Lehre auch die Lehrberufe Maskenbildner/Maskenbildnerin, Medienfachmann/-fachfrau, Bautechnische Assistenz, Tierärztliche Assistenz und Gasverfahrenstechnik auf die Liste. In Zusammenarbeit mit der Post will Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) 2019 auch den neuen Lehrberuf Nah- und Distributionslogistiker starten.