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Treichl: "Stärken unser Eigenkapital." | Vorstand verzichtet für heuer auf Bonus. | Wien. Knalleffekt im heimischen Geldsektor: Die Erste Group hat sich nun als erste Großbank aus der Deckung gewagt, um beim staatlichen Hilfspaket zuzugreifen. Das Institut, das am Donnerstag einen neuen Rekordgewinn zum dritten Quartal verkündete (siehe Grafik), füllt seinen Kapitalpolster und ruft dafür Staatsgelder in Höhe von 2,7 Mrd. Euro ab - vorsorglich.
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Anders als bei der Kommunalkredit, für die wegen drohender Verluste an einer staatlichen Auffanghilfe gefeilt werden muss, ist damit jedoch keinesfalls eine Teilverstaatlichung verbunden. "Dazu wird es nicht kommen", betont Erste-Chef Andreas Treichl.
"Das ist kein Geschenk"
Konkret wird das frische Geld über den Verkauf von sogenannten Partizipationsscheinen aufgenommen, die keine Stimmrechte verbriefen und somit auch die bestehende Eigentümerstruktur der Bank nicht verwässern. Treichl: "Das ist kein Geschenk vom Staat - wir zahlen dafür, und der Staat verdient gut dabei." Für das zur Verfügung gestellte Kapital, das in frühestens fünf Jahren zurückzuzahlen ist, erhält der Bund relativ hohe Fixzinsen von 8 Prozent.
Geht es nach Treichl, hätte es die Erste nicht wirklich notwendig, ihr Eigenkapital aufzustocken: "Mit 9,7 Milliarden Euro haben wir in unserer 190-jährigen Geschichte noch nie soviel gehabt wie jetzt." Aber: "Niemand kann sagen, wie lang und wie tief die Finanzkrise noch sein wird. Es ist besser, sich in schwierigen Zeiten warm anzuziehen." Zumindest nach Treichls Darstellung gibt es noch einen weiteren Grund für den jetzigen Kapitalschritt: "Ohne die Staatshilfe müssten wir in unserer Kreditpolitik restriktiver sein - und das wollen wir nicht."
Kredite für die Wirtschaft
In Absprache mit der Regierung hat sich die Erste (gemeinsam mit den Sparkassen) für die nächsten drei Jahre dazu verpflichtet, heimischen Kommerz- und Privatkunden Kredite im Ausmaß von je mindestens drei Mrd. Euro bereitzustellen - in Summe also sechs Milliarden. "Keiner unserer guten Kreditkunden soll abgewiesen werden. Wir wollen damit die Wirtschaft unterstützen", so Treichl. Darum: "Je mehr Kapital wir haben, umso besser." Mit dem Ziehen der staatlichen Gelder werde die Kernkapitalquote der Erste Group von zuletzt 6,6 auf mehr als 10 Prozent steigen.
Vor dem Hintergrund der globalen Finanzkrise hat der Druck, mehr Kapital zu haben, für alle Banken zuletzt deutlich zugenommen. "Der Markt verlangt das", erklärte Treichl gestern, Donnerstag, vor Journalisten. Mit einem höheren Eigenkapital kann sich eine Bank günstiger refinanzieren - und hat damit gegenüber anderen Instituten Wettbewerbsvorteile. Schon bald dürften daher auch die übrigen heimischen Banken dem Beispiel der Erste Group folgen.
Obwohl die Erste für heuer trotz Finanzkrise einen um rund 15 Prozent höheren Betriebsgewinn und zumindest ein stabiles Netto-Ergebnis erwartet, verzichtet der Vorstand von sich aus auf Bonuszahlungen in diesem Jahr. Treichl selbst, der 2007 mit 4,42 Mio. Euro Österreichs Top-Verdiener unter den Bankern war, wird somit nur rund ein Fünftel jener Summe einstreifen, die ihm zugestanden wäre, hätte es keine Krise gegeben. Trotzdem dürfte seine Gage bei mehr als einer Million liegen, im Wesentlichen also das Fixgehalt umfassen.
"Chance in dieser Krise"
An Osteuropa, wo die Erste breit aufgestellt ist und wie bisher steigende Ergebnisse einfährt, will Treichl weiter festhalten: "Über die Konjunktur wissen wir besser Bescheid, weil wir ja dort sind. Wir haben eine echte Chance in dieser Krise." In den ersten drei Quartalen legten die Ostbanken-Töchter beim operativen Gewinn um 52 Prozent zu. Die mit Spannung erwarteten Wertberichtigungen auf das Lehman-Obligo wurden gestern mit 26 Mio. Euro beziffert. Für das vierte Quartal erwartet Treichl trotz Wertberichtigung des 300 Mio. Euro schweren Island-Obligos unter dem Strich einen Gewinn.
Analyse Seite 12