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Erste Lehren aus der Euro-Krise

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Rolle von Eurostat: Österreich vollzieht Kurswechsel. | Griechenland wird wohl noch mehr sparen müssen. | Brüssel. Die schwere Krise des Euro im Fahrwasser des lange verschleierten Absturzes von Griechenland hat zu einem Umdenken geführt. Ein Vorschlag von Wirtschaftskommissar Olli Rehn, die Rechnungsprüfungskompetenzen des EU-Statistikamts Eurostat auszuweiten, dürfte diesmal größere Chancen haben, als vor fünf Jahren. | Analyse: Der lange und hürdenreiche Weg bis zu einer EU-Wirtschaftsregierung


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Auch Österreich könne sich jetzt erhöhten Zugriff von Euro stat-Prüfern vorstellen, sagte Finanzminister Josef Pröll am Dienstag nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen. Er sei bereit, die Lehre aus der griechischen Tragödie zu ziehen. Zwar seien zusätzliche Kontrollen der EU-Statistiker in Österreich nicht notwendig, weil sich das Land immer strikt an die Regeln gehalten habe. Doch wenn sie für andere Länder nötig seien, sollten sie für alle kommen. Für "Datentricksereien", wie sie Athen offensichtlich betrieben hat, habe er absolut kein Verständnis, so Pröll.

Konkret will Rehn Ländern mit einem Defizit über dem Referenzwert des Euro-Stabilitätspakts von drei Prozent in kurzen Abständen Eurostat-Prüfer vorbeischicken. Wenn es Hinweise auf Probleme mit Berechnungsmethoden gibt, sollen nicht nur die Staatskonten, sondern auch jene von staatlichen oder staatsnahen Institutionen, Bundesländern oder lokalen Behörden unter die Lupe genommen werden. Von Griechenland forderte Rehn umgehende Aufklärung über Derivatgeschäfte mit US-Investmentbanken, welche die Defizitzahlen maskiert haben sollen. Bis Freitag müssten die Zahlen aus Athen da sein, urgierte der finnische Kommissar.

"Europäische Assistenz"

Der Druck auf Griechenland sei unterdessen erhöht worden, erklärte Pröll. Bis zum ersten Prüfbericht am 16. März müsse Athen weiter reichende Maßnahmen als bisher präsentieren, um die Absenkung des heurigen Defizits um vier Prozentpunkte auf 8,7 Prozent sicherzustellen. Der deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen meinte wie die Europäische Zentralbank, dass das bisherige Sparprogramm nicht ausreichend sei. Der Luxemburger Premier und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker betonte entsprechend der Beschlusslage, dass zusätzliche Einschnitte nur dann notwendig seien, wenn ansonsten das Risiko bestehe, dass die Sparziele Griechenlands nicht erreicht werden könnten.

Sollte Athen seine Verpflichtungen erfüllen, "wird auch die Frage einer europäischen Assistenz zu klären sein", so Pröll. Die Minister seien dabei, eine akkordierte Vorgehensweise für den Notfall auf freiwilliger Basis auszuarbeiten.

Schon zuvor hatte Juncker angeprangert, dass im Jahr 2005 ein schwerer Fehler begangen worden sei: Ein ganz ähnlicher Vorschlag rund um Eurostat wurde damals glatt abgelehnt. Die Finanzminister hätten schlicht kein Verständnis dafür gehabt, ständig EU-Prüfer im Haus zu haben, hieß es in Kommissionskreisen. Dabei wussten die Mitgliedsstaaten spätestens seit 2004 von den griechischen Künsten in kreativer Buchführung.

Eurostat hatte damals die Defizitmeldungen aus Athen bis ins Jahr 1998 zurück deutlich nach oben revidieren müssen; schon in den Basisjahren für das grüne Licht zum Euro lag das Haushaltsminus nach korrekter Berechnung deutlich über der erforderlichen Drei-Prozent-Grenze.

Zur Person

Vítor Manuel Ribeiro Constâncio wird ab Juni neuer Vize-Präsident der Europäischen Zentralbank.

Die Euro-Finanzminister verständigten sich auf den Portugiesen als Nachfolger des Griechen Lucas Papademos. Der 66-jährige Zentralbankchef Portugals gehört zum Urgestein des EZB-Rats. Er sitzt seit dem Start der Währungsunion in dem Gremium, das über die Geldpolitik und die Euro-Stabilität wacht. Zuvor war er Abgeordneter, Staatssekretär und Finanzminister Portugals und leitete die Verhandlungen über den EG-Beitritt 1986.

Constancio gilt wie sein Vorgänger als "Taube"; er hat bei der Geldpolitik also eher Wachstum und Arbeitsplätze gegenüber der Preisstabilität und Leitzinsanhebungen im Auge.

Berlins Ambitionen, den Chef der Bundesbank, Axel Weber, im Herbst 2001 als Nachfolger von Jean-Claude Trichet in den EZB-Chefsessel zu hieven, erhielten am Dienstag einen Dämpfer: "Ich werde nicht dafür plädieren, dass Deutschland den Posten des EZB-Präsidenten stellen wird", sagte der Eurogruppen-Vorsitzende, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker.