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Erste Schritte einer Pflegereform

Von Ulrike Famira-Mühlberger

Gastkommentare
Ulrike Famira-Mühlberger ist stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Das drängendste Problem in der Pflegeversorgung ist, ausreichend Personal zu finden.


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Vor kurzem hat Bundesminister Rauch erste Punkte eines Pflegereformprogramms vorgestellt. Einige der Baustellen in der Pflege, die regelmäßig in wissenschaftlichen Studien, unter anderem vom Wifo, aber auch von Pflegeorganisationen, aufgezeigt wurden, werden nun angegangen. Das ist ein guter und wichtiger Schritt. Das drängendste Problem in der Pflegeversorgung ist, ausreichend Personal zu finden. Pflegedienstleister kämpfen bereits jetzt mit zu wenig beruflichem Nachwuchs und damit, dass zu viele Pflegekräfte die Branche verlassen oder verlassen wollen. Das in einer Phase, wo wir uns noch recht moderaten Steigerungsraten in der Nachfrage nach Pflegedienstleistungen gegenübersehen. In Wifo-Projektionen zur künftigen Entwicklung der Nachfrage nach Pflegedienstleistungen gehen wir davon aus, dass zwischen 2018 und 2030 eine Steigerung von rund 80 Prozent und bis 2050 von rund 300 Prozent zu erwarten sein wird. Diese Projektionen sind konsistent mit den beobachteten Nachfragesteigerungen in den letzten Jahren und werden von Faktoren wie die demografische und gesundheitliche Entwicklung sowie von Annahmen zum Rückgang des familiären Pflegepotenzials bestimmt. Für die Zeit nach 2030 erwarten wir aufgrund der demografischen Entwicklung wesentlich höhere jährliche Nachfragesteigerungen, weil dann die Baby-Boomer-Generation der 1960er Jahre ins pflegebedürftige Alter kommen wird. Das gilt es vorzubereiten. Die jüngsten Vorstöße der Bundesregierung setzen - unter anderem - an zwei wichtigen Ebenen an. Zum einen werden erste Maßnahmen gesetzt, die die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessern und zum anderen wird die Pflegeausbildung finanziell besser unterstützt. Diese beiden Ebenen hängen zusammen: nur wenn sich die Arbeitsbedingungen nachhaltig ändern, werden mehr Menschen eine Pflegeausbildung beginnen. Da die Pflegeausbildung von vielen in einem späteren Zeitpunkt des beruflichen Karriereweges begonnen wird, ist eine bessere finanzielle Unterstützung während der Ausbildungsphase zentral, um private finanzielle Verpflichtungen weiter erfüllen zu können. Wichtig ist dabei auch der Vorstoß, Vereinfachungen der Zulassung ausländischer Arbeitskräfte im Pflegesektor voranzutreiben, denn ohne Migration wird der künftige Pflegebedarf nicht zu decken sein. Der geplante Maßnahmenkatalog im Bereich der Pflege geht wichtige Problembereiche an und ist ein erster Schritt einer Ressourcenumverteilung in einer alternden Gesellschaft. Fakt ist, dass eine alternde Gesellschaft eine andere Ressourcenverteilung mit sich bringt als eine nicht-alternde Gesellschaft. Der Bund hat nun erste Maßnahmen vorgelegt, weitere Schritte der Pflegereform werden wohl auch im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen mit den Bundesländern folgen. Eine Vereinfachung der Finanzierungsstrukturen im Pflegebereich und eine Harmonisierung der Leistungen wären hier dringend nötig. So sind die Unterschiede in den geförderten Pflegeleistungen zwischen den Bundesländern angesichts eines einheitlichen Steuersystems ökonomisch nicht zu rechtfertigen.