Larijani: Kurz vor Kontakten auf Parlamentsebene. | Teheran/Wien. Erstmals nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen vor knapp 30 Jahren stehen Washington und Teheran kurz davor, direkte Kontakte auf Parlamentsebene aufzunehmen. Das verkündete Irans mächtiger Parlamentschef Ali Larijani vergangene Woche.
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Und damit nicht genug: Nach seinen Worten hat das Majles (iranisches Parlament) jüngst mehrere Botschaften vom US-Kongress erhalten, in denen für einen Dialog geworben wird. Beantworten werde sein Land diese Anfragen aber erst, wenn der designierte US-Präsident Barack Obama die Weichen für seine Iran-Politik stelle, so Larijani.
Im Iran wackelt seit der Wahl Obamas einer der Eckpfeiler iranischer Außenpolitik, der Antiamerikanismus. Die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Iran waren 1979 nach der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran durch radikale Islamisten abgebrochen worden. 52 Botschaftsmitarbeiter wurden danach 444 Tage lang als Geiseln gehalten. Seither sind fünf US-Präsidenten an einer adäquaten Iran-Politik gescheitert. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Obamas Wahlsieg exakt auf den 4. November, dem Jahrestag des Geiseldramas fiel.
"Obama-Fieber"
Seither ist Teheran im Obama-Fieber. Eine eigene "Obama-Konferenz" wurde ins Leben gerufen und der Nationale Sicherheitsrat befasst sich mit "grundlegenden Veränderungen der Rahmenbedingungen für iranische Außenpolitik". Etwas nüchterner reagiert Regierung unter Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Sie hat soeben das neue US-Regierungsteam kritisiert. Vor allem die Einberufung von Hillary Clinton zur Außenministerin und Robert Gates zum Verteidigungsminister würden Obamas Wahlkampfversprechen von "Change", des Wechsels, widersprechen.
Die Reformer und die Bevölkerung Irans jedoch sehen den dunkelhäutigen Sohn eines Afrikaners als Hoffnungsschimmer für eine bessere Zukunft, auch für den Iran. Passend dazu: Sein Name heißt auf Persisch übersetzt "er (ist) mit uns". Sogar Irans geistlicher Führer Ali Khamenei hat sich vorsichtig optimistisch geäußert: "Niemand sagt, dass die Differenzen zwischen den Amerikanern und uns unter veränderten Grundvoraussetzungen nicht einmal bereinigt werden können."
Ahmadinejad ist seit der zarten Annäherung Washingtons und der Ankündigung von Obama, mit den Persern direkt verhandeln zu wollen, in arge Bedrängnis gekommen. Sollte Teheran nämlich die ausgesteckte Hand Washingtons nicht ergreifen, könnte Washington mit geballter internationaler Solidarität und Macht gegen die Führung Irans vorgehen. Das hat er mehrmals in seinem Wahlkampf betont. Anders als sein Vorgänger wird Obama auf eine enge Zusammenarbeit mit seinen Verbündeten setzen. Anstelle der bisherigen zahnlosen UN-Resolutionen könnte bei einer permanenten Sturheit der Perser im Atomstreit ein schmerzhaftes politisches Sanktionspaket gegen Teheran geschnürt werden.
Ein zusätzliches Damoklesschwert, das über dem Iran schwebt, ist der rapide fallende Ölpreis. Sie macht die Ahmadinejad noch verwundbarer. Letzterer muss nämlich wegen all dem um seine Wiederwahl bei den Präsidentschaftswahlen im Juni 2009 zittern.