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Erster Guantanamo-Prozess in Barack Obamas Amtszeit

Von Mike Melia

Politik

Kanadier soll sich wegen Mordes an US-Soldaten verantworten. | Leibwächter Bin Ladens vor Gericht. | Guantanamo. (ap) Vor dem Militärtribunal im US-Internierungslager Guantanamo beginnen in dieser Woche die ersten Prozesse seit dem Amtsantritt von Präsident Barack Obama. Im Mittelpunkt stehen dabei ein junger Kanadier, der in Afghanistan einen US-Soldaten getötet haben soll, sowie ein Sudanese, der für das Terrornetzwerk Al-Kaida unter anderem als Koch und Zahlmeister und später für Osama Bin Laden als Leibwächter gearbeitet haben soll. Beide Angeklagten sind seit 2002 in dem Lager inhaftiert.


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Der in Toronto geborene Omar Khadr war nach Angaben seiner Anwälte im Jahr 2002 erst 15 Jahre alt, als er einen US-Sanitäter in Afghanistan mit einer Handgranate getötet haben soll. Die Anwälte weisen den Tatvorwurf zurück und fordern Milde für ihren Mandanten aufgrund seines jugendlichen Alters. Die Anklage beruhe auf Geständnissen, die unter Schlafentzug und der Androhung von Vergewaltigung zustande gekommen seien.

"Präsident Obama hat sich entschlossen, das nächste erbärmliche Kapitel im Buch der Militärtribunale zu schreiben", sagte Khadrs Verteidiger, Oberstleutnant Jon Jackson. "Leider lässt der Präsident die Militärtribunale mit dem Fall eines Kindersoldaten beginnen."

Lebenslänglich droht

Ein Sprecher der Anklage, Kapitän David Iglesias, kündigte an, Khadrs Alter werde erst nach einer Verurteilung beim Strafmaß eine Rolle spielen. Es habe aber keine juristische Relevanz für die Anklage. "Wir schauen darauf, ob er wusste, was er tat. Wir lassen die Beweise für sich selbst sprechen." Dem Angeklagten droht bei einem Schuldspruch eine lebenslange Haftstrafe.

Der Oberste Gerichtshof der USA hatte in der vergangenen Woche einen Versuch in letzter Minute, das Verfahren als verfassungswidrig zu stoppen, zurückgewiesen. Dem Verfahren in dem US-Marinestützpunkt auf Kuba wohnen Menschenrechtsbeobachter und über 30 Journalisten bei.

In einem anderen Gerichtssaal in Guantanamo muss sich in dieser Woche der Sudanese Ibrahim Ahmed Mahmud al-Kosi verantworten. Der 50-Jährige hat sich in einer Absprache mit dem Gericht der Verschwörung und der materiellen Unterstützung des Terrorismus für schuldig bekannt. Einzelheiten zu der Absprache sind bisher nicht bekanntgeworden. Kosi wird vorgeworfen, in den 1990er Jahren in Afghani stan für die Al-Kaida als Buchhalter, Zahlmeister, Versorgungschef und Koch gearbeitet zu haben. Später soll er einer der Leibwächter Bin Ladens gewesen sein.

Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hatte US-Präsident Barack Obama erklärt, er wolle das unter seinem Vorgänger George W. Bush eingerichtete Lager binnen eines Jahres - also im Jänner 2010 - schließen. Als Grund für die Verzögerung führten die Amerikaner wiederholt an, dass sich andere Länder nur zaudernd zur Aufnahme von Häftlingen bereiterklärten.