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Die bisherigen Erfahrungen mit Bildungsminister Heinz Faßmann lassen auf sachliche Lösungen ohne ideologische Sturheit hoffen.
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Vor knapp einem Dreivierteljahr übernahm mit Heinz Faßmann nach mehr als einem Jahrzehnt ein Ressortchef wieder den gesamten Bildungsbereich einschließlich der Universitäten und Fachhochschulen (die Kindergärten verbleiben in der überwiegenden Zuständigkeit der Bundesländer). Im Fokus der bisherigen Tätigkeit des Ministers standen aber zweifellos die Schulen bis zur Matura.
Was ist heuer anders als zu Schulbeginn 2017? Auffällig sind zunächst die Änderungen in Ton und Atmosphäre. So kamen diesmal vom Minoritenplatz keine aufgeregten Erfolgsmeldungen, für die sich in der Realität oft keine Entsprechung fand. Faßmann strahlt vielmehr Ruhe aus, und so scheint auch sein Arbeitsstil zu sein.
Der neue Minister fand bei seinem Amtsantritt viel "work in progress" vor. Manches, wie etwa das sogenannte Schulautonomiepaket, war schon beschlossen und kann trotz offensichtlicher Mängel - es war ja ein mühsamer Kompromiss der alten Regierung - zunächst nur in Details angepasst werden. Jede andere Vorgangsweise würde nur Chaos erzeugen.
Gerade noch verschieben ließ sich die verpflichtende Einführung der modularen Oberstufe. Da ein Großteil der Schulen von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, scheinen die Schulpartner für diese Entscheidung dankbar zu sein. Die heurige Mathematik-Zentralmatura hat viel Staub aufgewirbelt, obwohl die Grundprobleme schon früher bekannt waren. Anders als in früheren Jahren war die Reaktion der Ressortleitung. Die Themen Textlastigkeit und Beurteilung wurden offen angesprochen. Statt lediglich kosmetische Änderungen anzukündigen, wurde jedoch der frühere Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz damit beauftragt, von den Betroffenen die Probleme im Detail in Erfahrung zu bringen und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Wohltuend ist dabei die Personenwahl fern parteipolitischer Verhaltensmuster: Der auf einem ÖVP-Ticket nominierte Bildungsminister Faßmann hatte sichtlich kein Problem damit, einen angesehenen Bildungsfachmann aus der SPÖ zu nominieren. Diese Vorgangweise auf Basis von Expertise weckt Hoffnungen.
In einer Frage drängte der neue Bildungsminister auf eine rasche Entscheidung, und zwar hinsichtlich der sogenannten Deutschförderklassen. Die Umsetzung dieser Idee erwies sich jedoch als wesentlich schwieriger, als man sich am Minoritenplatz gedacht hatte. Manche Maßnahme dieses Gesetzesvorschlags erschien letztlich in der ursprünglichen Form nicht umsetzbar. Zwischen den denkbaren Extrempositionen "Durchziehen" und "Absagen" versuchte Faßmann einen Mittelweg. Wie Gesprächspartner versichern, trat er bei den folgenden Verhandlungen als geduldiger Zuhörer in Erscheinung, der sich auch von stichhaltigen Argumenten überzeugen ließ. Der Praxisbeweis dieser neuen Sprachförderung steht uns ab dem neuen Schuljahr noch bevor.
Weitere offene Fragen, wie die unterschiedliche schulische Situation in der Stadt und auf dem Land, stehen an. Die Erfahrung der vergangenen Monate lässt auf sachliche Lösungen ohne ideologische Sturheit hoffen.