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Erwartbare Enttäuschung für die Sozialdemokratie

Von Vilja Schiretz

Politik

Die SPÖ fährt ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Niederösterreich ein. An einen Rücktritt denkt Spitzenkandidat Schnabl derzeit nicht.


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Allzu hohe Ziele hatte Franz Schnabl sich selbst und seiner SPÖ am Wahltag nicht gesteckt. Vorrangiges Ziel sei es, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen, erklärte der Kandidat bei seiner Stimmabgabe am Sonntag. Dass die ÖVP mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ihre hauchdünne Absolute verlieren würde, schien im Vorfeld der Wahl allerdings bereits klar. "Wenn dann noch ein Plus vor dem SPÖ-Ergebnis steht, ist das ein sehr guter Sonntag für die Sozialdemokratie", fügte Schnabl hinzu.

Als solcher geht der Wahltag 2023 nun wohl nicht in die Geschichte ein - immerhin fuhren die Sozialdemokraten mit 20,8 Prozent das schlechteste Ergebnis in Niederösterreich seit 1945 ein. Dabei war es Schnabl gewesen, der mit seiner Kandidatur 2018 für das erste kleine Plus der Roten seit fünfzehn Jahren gesorgt hatte. Eine dauerhafte Trendwende, weg von den fast kontinuierlichen Verlusten der Landes-SPÖ seit ihrer Blütezeit Ende der 1970er Jahre, läutete Schnabl damit allerdings nicht ein. Das steht spätestens seit der ersten Hochrechnung am Wahlsonntag fest.

Inhalte für SPÖ-Wähler entscheidend

Überraschend kommt das enttäuschende Ergebnis für die SPÖ nicht. Die Umfragen der letzten Tage sahen die SPÖ bereits hinter der FPÖ, der Wahlkampf verlief holprig. Im Gegensatz zur pompösen Materialschlacht der ÖVP gab sich die SPÖ bewusst bescheiden, große, kostspielige Wahlkampfveranstaltungen seien in Zeiten der Teuerung unpassend, befand Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar. Stattdessen wolle man auf das persönliche Gespräch und auf einen Wahlkampf rund um die Themen Teuerung, Kinderbetreuung, leistbares Wohnen und Gesundheitsversorgung setzen.

Die eigenen Wählerinnen und Wähler dürfte man damit immerhin überzeugt haben: Bei einer Sora-Umfrage unter 1.200 Personen gaben mehr als 40 Prozent der SPÖ-Wähler an, dass die Themen der Partei ausschlaggebend für ihre Wahlentscheidung waren.

Darüber hinaus sorgte aber eher ein missglücktes Werbe-Sujet mit Schnabl als "roter Hanni" für negative Aufmerksamkeit. Mitte Jänner ging außerdem eine Sachverhaltsdarstellung zu Schnabls Verbindung zur früheren Alizee Bank bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein. Diese stellte keinen Anfangsverdacht fest und verzichtete auf ein Ermittlungsverfahren, Schnabl sah sich als Opfer von "Dirty Campaigning".

Für die SPÖ Niederösterreich wird sich nun auch die Frage stellen, ob sie mit dem Noch-Landeshauptfraustellvertreter auf den richtigen Kandidaten gesetzt hatte. Immerhin nannten nur vier Prozent der SPÖ-Wähler den Spitzenkandidaten als Hauptgrund für ihre Wahlentscheidung.

Roland Fürst, Landesgeschäftsführer der SPÖ Burgenland, zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis und forderte noch am Wahltag eine Analyse für die Ursachen des schlechten Abschneidens seiner niederösterreichischen Parteigenossen. Von einem möglichen Rücktritt wollte Schnabl vorerst nichts wissen: "Für mich ist völlig klar, dass es in der Sozialdemokratie keine Personaldebatte geben wird", sagte er dem ORF.

Ein schwacher Trost bleibt der SPÖ: Am Wahlabend scheint eine große Koalition im Landtag die wahrscheinlichste Variante. Rechnerisch wäre sonst nur eine Zweierkoalition zwischen ÖVP und FPÖ möglich, das von der ÖVP heraufgeschworene Schreckgespenst einer blau-roten Mehrheit im Landtag ist dagegen außer Reichweite.