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Erweiterung zum Minimaltarif

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Wien - Die Kosten für die EU-Erweiterung würden laut EU-Agrarkommissar Franz Fischler vielfach überschätzt: "Die Erweiterung wird jeden Österreicher 2 Euro im Monat kosten, das ist weniger als drei Ausgaben der "Kronen Zeitung"", so die griffige Formulierung Fischlers bei einem Vortrag in der Industriellenvereinigung in Wien.


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Fischler trat in diesem Zusammenhang auch der Ansicht entschieden entgegen, der Anteil der Agrarpolitik an den Erweiterungskosten betrage 50 Prozent. Diese Behauptung bezeichnete der Agrarkommissar wörtlich als "Unsinn". Er verwahre sich gegen Stimmen, die die Landwirtschaft "als großes Erweiterungshindernis" darstellen würden. Vielmehr seien es die Strukturfonds, die den Löwenanteil an den Erweiterungskosten ausmachen würden. Fischler sprach dabei von zehn Milliarden Euro, die im Jahr 2006 zusätzlich in die Strukturfonds fließen würden, für die Landwirtschaft seien lediglich vier Milliarden projektiert. Der Beitrag Österreichs an dieser Summe betrage 80 Millionen Euro, wenn man die Beiträge, die die neuen Mitgliedstaaten leisten würden, in Rechnung stelle, handle es sich gar nur um 60 Millionen Euro an Mehrkosten. Der Behauptung, dass die Kosten für die EU-Landwirtschaft in den nächsten Jahren explodieren würden, rückte Fischler dann mit weiterem Datenmaterial zu Leibe: Für das Jahr 2013 sei eine Steigerung des Agrarbudgets von mageren 15 Prozent im Verhältnis zum Status quo vorgesehen. Ziehe man die Steigerung des Bruttoinlandsproduktes im gleichen Zeitraum hinzu, ergebe sich daraus ein Absinken der Quote für den Agrarhaushalt, so Fischler.

Angesichts der Vielzahl von Desinformation zeigte Fischler Verständnis für die Skepsis mancher Österreicher gegenüber der Erweiterung: "Wenn mir immer vorgerechnet würde, welche Unsummen die Erweiterung kostet, wäre ich auch besorgt". Besorgnis und Ängste gebe politischen Strömungen Auftrieb, die aber keine Antwort auf die drängenden Fragen hätten. Fischler wies in diesem Zusammenhang auch auf die große Bedeutung hin, die einem erstarkten Europa auf der Weltbühne zukomme: Wichtig sei es, der Globalisierung mit allen negativen Effekten ein "europäisches Gepräge" zu geben.

Im parlamentarischen Ausschuss für EU-Angelegenheiten fanden gleichzeitig Vierparteiengespräche über eine Reform der EU-Agrarpolitik statt. Die SPÖ griff dabei einen Vorschlag von EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer auf und kritisierte, dass der überwiegende Teil der staatlichen Ausgaben im Agrarbereich rein an die Produktion einzelner Güter gekoppelt wäre. Die SPÖ tritt für eine stärkere ökologische und soziale Ausrichtung ein. Die Grünen sprachen sich ebenfalls dafür aus, Agrarförderungen verstärkt nach Qualitätskriterien auszurichten.