Zum Hauptinhalt springen

Erwünschte Nebenwirkungen der Corona-Hilfen

Von Martina Madner

Politik
Ein Teil der Corona-Hilfe hat durchaus Potenzial, den Wirtschaftsmotor anzukurbeln.
© Unsplash/Murilo Silva

Eigentlich ist das Paket, das diese Woche im Nationalrat beschlossen werden soll, als Hilfe gedacht. | Manche Teile aber dürften mehr positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum als andere haben.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Es ist ein umfangreiches Programm mit mehr als 80 Tagesordnungspunkten, das sich der Nationalrat für diese Woche vorgenommen hat. Im Mittelpunkt der drei Sitzungen von Dienstag bis Donnerstag steht die nächste Tranche an Corona-Krise bedingten Hilfsmaßnahmen: Diese Woche geht es um steuerliche Maßnahmen und Einmalzahlungen, solche für Unternehmen bis hin zu Paketen für die Forst und Landwirtschaft.

Das Paket ist als Hilfe für die jeweils krisengebeutelten Gruppen gedacht, die einzelnen Teile haben als erwünschte Nebenwirkungen auch Auswirkungen auf das Wachstum der Wirtschaft - manche mehr, manche allerdings auch weniger.

Weniger Steuer-, dafür einmalige Geldleistungen

Ein Teil der Maßnahmen, wie das Senken des Eingangssteuersatzes bei der Lohn- und Einkommensteuer von 25 auf 20 Prozent und die Erhöhung der Negativsteuer auf 100 Euro, zielt laut Monika Gehrig-Merz, Makro-Ökonomin an der Universität Wien, darauf ab, "die Einkommen zu erhöhen, in der Hoffnung, dass die Betroffenen es verkonsumieren". Diesen Effekt könnten neben der Unterstützung für die Betroffenen, auch die Einmalzahlung von 450 Euro zusätzlich zur Arbeitslosen und der Notstandshilfe, genauso die einmalig 360 Euro pro Kind für jene, die Familienbeihilfe beziehen, haben.

Für Monika Köppl-Turyna, Ökonomin bei der Industrie-nahen Agenda Austria, sind Direktzahlungen und Steuersenkungen "zu begrüßen, weil sie gerade bei jenen mit niedrigerem Einkommen eine gute Wirkung haben, nachfrageseitig den Konsum stützen und die Entlastung des Faktors Arbeit angebotsseitig zu mehr Jobs führen könnte".

Die Ökonomen Marian Fink und Silvia Rocha-Akis rechneten allerdings im Wifo-Monatsbericht vom Mai vor, dass von der Steuersenkung die zehn Prozent mit den geringsten Einkommen nur zu sieben Prozent; vom mittleren, konkret dem fünften Zehntel, dagegen mehr als die Hälfte (58 Prozent) profitieren und von den zehn Prozent mit den höchsten Einkommen 80,1 Prozent. Außerdem falle der relative Zuwachs des Haushaltseinkommens mit durchschnittlich einem Prozent eher gering aus.

Ersparnisse durch Konsumverzicht

Normalerweise geben jene Haushalte im unteren Einkommensdrittel von einem zusätzlichen Euro 70 Cent in kurzer Zeit wieder aus; bei jenen im obersten Einkommensdrittel wären bei 350 Euro weniger Steuerzahlung pro Euro höchstens 40 Cent zu erwarten, die in den Konsum fließen, erläutert Wifo-Konjunktur-Experte Josef Baumgartner. Er gibt allerdings zu bedenken, dass es dieses Mal nicht so sein muss: "Wegen des erzwungenen Konsumverzichts durch den Shutdown haben viele höhere Ersparnisse, die sie ausgeben können."

Mancher Konsum, wie etwa der Osterurlaub oder Frisörbesuche, ließen sich außerdem nicht nachholen. Tatsächlich dürfte die Sparquote laut Wifo-Konjunktur-Prognose vom Juni im Jahr 2020 aktuell 14 Prozent betragen, 2019 lag sie noch bei 8,5 Prozent. "In den Folgejahren dürfte sie nur langsam auf zehn Prozent zurückgehen", gibt Baumgartner zu bedenken. "Ob der Konsum oder die Unsicherheit vor dem was noch kommen könnte, dominiert, und die Menschen das Geld für noch schlechtere Zeiten sparen lässt sich noch nicht sagen", gibt Gehrig-Merz von der Uni Wien außerdem zu bedenken.

Mit Investitionen Wachstum anreizen

Überzeugter ist die Makro-Ökonomin von der wachstumsfördernden Wirkung der Maßnahmen für Unternehmen: der degressiven Abschreibung, der Möglichkeit Verluste mit Gewinnen der vergangenen Jahre gegenzurechnen und eine Milliarde, die von September bis März über Investitionsprämien an Unternehmen ausgeschüttet werden soll. Denn: "Es sind letztlich die Unternehmen, die bestehende Jobs sichern oder neue schaffen können", sagt Gehrig-Merz.

Die degressive Abschreibung, über die Betriebe ihre Steuerzahlungen im ersten Jahr mehr, in den kommenden Jahren weniger anstatt wie bisher gleichmäßig verteilt durch Investitionen verringern können, sei laut Köppl-Turyna den Prämien vorzuziehen, "da gibt es weniger Mitnahmeeffekte" - Unternehmen investieren also zusätzlich, hätten das sonst nicht getan. "Der Verlustrücktrag unterstützt gezielt Unternehmen, die vor der Krise gesund waren." Andere können ja mangels Gewinnen in den Vorjahren, keine Verluste von heuer gegenrechnen.

Und die Stütze für die Bauernpensionen sowie der Fonds für die Forstwirtschaft? "Bei beiden sehe ich nicht, was das als Hilfe oder konjunkturell bezwecken soll. Das könnte eher den Beigeschmack von Klientelpolitik haben", sagt Gehrig-Merz. "Man kann die Erhöhung kleiner Pensionen schon argumentieren, aber warum dann nur jene der Bauern", fragt sich auch Markus Marterbauer, Ökonom bei der Arbeiterkammer. Und schließt: "Man könnte aber auch den Hauptbetroffenen der Krise am meisten Hilfe gewähren, und das wären die Arbeitslosen und kleine Unternehmen."