Zum Hauptinhalt springen

Es braucht eine neue Fehlerkultur

Von Lotte Wenzl

Recht

Change Management als Schlüssel, Unternehmen erfolgreich zu verändern.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Schwächelnde Weltkonjunktur, politische Unruhen, steigende Effizienz-Anforderungen, ambitionierte Innovationsstrategien sowie Megatrends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit - der Druck zur strategischen Transformation in den Unternehmen ist auch hierzulande aktuell sehr hoch. Die Erfolgsfaktoren sind entscheidend, damit Veränderungsprozesse nicht nur in der Theorie einwandfrei funktionieren.

Angesichts der zwei Jahre Pandemie, Konflikte im Osten Europas, Rekordinflation und des Klimawandels stehen wir vor der Frage, ob es eine Konstante des Wandels überhaupt noch gibt oder ob alle Grenzlinien neu gezogen werden. Es gibt bestimmte Change-Motoren, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft in Zukunft bestimmen. Drei Megatrends zeichnen sich ab, mit denen sich Unternehmen langfristig beschäftigen: Digitalisierung, Autonomieentwicklung und Neo-Ökologie. Dabei ist es auch wesentlich, die rechtlichen Aspekte eines Unternehmens miteinzubeziehen.

Analyse der Ausgangssituation

Der Erfolg eines Transformationsprojektes steht und fällt mit der akkuraten Analyse der Ausgangssituation. Dazu gehört auch, grundlegende bestehende Vereinbarungen mit den eigenen Mitarbeitern, aber auch rechtsverbindliche Verträge mit Unternehmenspartnern zu überprüfen und auf mögliche notwendige Änderungen zu untersuchen. Es ist zudem wesentlich, zu verstehen, wo ein Unternehmen und seine Mitarbeiter aus subjektiver - nämlich sachlicher und emotionaler - Sicht stehen. Zieldefinitionen oder große Bilder allein sind zu wenig. Indem wir ins Geschehen involviert sind, spüren wir emotionale und fachliche Hindernisse schneller auf und können entsprechend reagieren. Ziel ist es, gezielt Schmerzpunkte verschiedener Parteien zu analysieren und individuelle Emotionalitäten zu berücksichtigen.

Kultur als Innovationsmotor

"Kultur ist Herz, Verstand und Seele einer Organisation. Sie ist dafür verantwortlich, wie Menschen in einer Organisation wahrnehmen, denken, fühlen und handeln." Auf dieser Annahme basiert das Modell zur Kulturanalyse von Simon Sagmeister. Idealerweise wird die angestrebte Unternehmenskultur unmissverständlich festgehalten und verschriftlicht. Sie spricht in Form verbindlicher Compliance-Regelungen oder eines freiwilligen Code of Conduct (Verhaltenskodex) als beliebte Spielart des "Soft Law", also rechtlich nicht einklagbarer Normen.

Am Beginn steht jedenfalls immer die Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Kultur. Dafür werden quantitative Erkenntnisse aus Online-Erhebungen mit qualitativen Informationen aus Einzelgesprächen und Workshops kombiniert. In einer Karte wird nicht nur die Ist-Kultur gemeinsam erarbeitet, sondern es entstehen auch ein gemeinsames Kulturverständnis und eine gemeinsame Sprache. Nach der Eruierung der Stärken und Schwächen in der Ist-Kultur werden Zielbilder erarbeitet. Auf Basis der Zielbilder werden systemische und persönliche Handlungsfelder abgeleitet. Ein Vorteil des Modells liegt vor allem in der spielerischen Methode, die "Hands-on-Mentalität" allen Führungsebenen näherzubringen. Diese und andere Change-Management-Methoden bewähren sich bei vielen Unternehmen und Organisationen.

Neue Strukturen gefordert

Ein fast ebenso wichtiger Punkt für die erfolgreiche Umsetzung von Change Management ist das Aufbrechen alteingesessener Strukturen. Die komplexen Herausforderungen im heutigen Umfeld machen neue Antworten erforderlich. Das betrifft die Art des Managements, die Organisationsstruktur, die Entscheidungsfindung und das Selbstverständnis der handelnden Personen.

Das hierarchische Modell stößt dabei an seine Grenzen. Führungskräfte oder sogenannte Change Agents, die den Wandel treiben, übernehmen im Zuge des Prozesses aber eine Vorbild- und Motivationsfunktion. Im Vorfeld solche Personen zu definieren und sie zu begleiten, ist wesentlich. Genauso wie die Change Experience, also die konsequente Ausrichtung an die Bedürfnisse und Wahrnehmungen der Mitarbeiter bei der Umsetzung großer Veränderungen. Traditionelle Modelle im Arbeitsleben werden durch neue Konzepte wie vereinbarte Mitarbeiterbeteiligungen oder festgehaltene flexible Arbeitszeiten aufgebrochen. Hier besteht in Österreich noch Aufholbedarf, beispielsweise gibt es derzeit keine Rechtsform auf dem Markt, die einer zeitgemäßen Netzwerkorganisation entspricht.

Übung macht den Meister

Last but not least gilt es, die Verfestigung der neuen Verhaltensweisen im Alltag zu prüfen. Change kann dabei erst durch die nötige Übung wirken - denn oft ist alles schon gesagt, aber nicht von jedem. Das Ziel soll nicht die perfekte Definition der Wunschsituation sein, sondern es braucht Zeit, um sie nachhaltig zu leben und dann Mechanismen, um sie weiter zu verbessern.

Dazu braucht es eine neue - 2.0, wenn man so will - Feedback- und Fehlerkultur. Erst wenn ausreichend viele Mitarbeiter das neue Verhalten als das bessere und selbstverständliche akzeptiert und in ihrem Unterbewusstsein verankert haben, ist das gewünschte Ziel erreicht. Der typische Reflex, "das haben wir schon immer so gemacht", ist verschwunden. Jetzt sagen die Mitarbeiter: "Das haben wir früher gut gemacht, und jetzt machen wir das anders, aber noch besser."

Sie sind anderer Meinung?

Diskutieren Sie mit: Online unter www.wienerzeitung.at/recht oder unter recht@wienerzeitung.at

Zur Autorin~