Athen wird Hilfspaket nächste Woche abrufen. | Krisenfonds soll europaweit kommen. | Pröll soll in neuer EU-Arbeitsgruppe für wirtschaftliche Kooperation sitzen. | Madrid. In einem sind sich die Finanzminister und Notenbankchefs Europas einig: So etwas wie Griechenland darf kein zweites Mal passieren. Darauf sind alle Gespräche bei deren Treffen in Madrid ausgerichtet.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Daneben wird immer klarer, dass Griechenland das 45-Milliarden-Euro-Hilfspaket schon nächste Woche abrufen wird. "Griechenland hat nicht viel Zeit. Das Hilfspaket abzurufen würde aber auch bedeuten, dass die Griechen ein Druckmittel gegen private Investoren in der Hand haben, nicht mehr als fünf Prozent Zinsen auf die Staatsschuld zu zahlen", sagte ein Notenbanker am Rande der Tagung. Zu diesem Zinssatz würden die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds Geld zur Verfügung stellen, die Märkte verlangen derzeit sieben Prozent.
Dass geholfen wird, ist klar. In Madrid erklärten Länder wie Frankreich, die Niederlande, Spanien, aber auch Österreich, dass Hilfe jederzeit bereitsteht. Auch der IWF kann rasch Geld zur Verfügung stellen. Deutschland braucht dazu einen Parlamentsbeschluss, der von der oppositionellen SPD verzögert werden könnte. "Warum sollten die Sozialdemokraten das tun?", war aus der deutschen Delegation zu hören.
Die Hilfe für Griechenland wird aber nicht nur verzinst, sondern auch an harsche Bedingungen geknüpft: Budget- und wirtschaftspolitisch muss das Land Einsparungs-Ziele erfüllen, um Geld ausbezahlt zu bekommen. Bisher lebte Griechenland (und andere südeuropäische Staaten) viel zu sorglos, was die Verschuldung in die Höhe trieb. Staatssekretär Reinhold Lopatka, der den verletzten Finanzminister Josef Pröll vertritt, nennt ein Beispiel: "In Österreich sind in den letzten zehn Jahren die Löhne im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft um zirka 26 Prozent gestiegen. In Griechenland stiegen im gleichen Zeitraum die öffentlichen Gehälter um 110 Prozent, die privaten um 60 Prozent. Das reduziert die Wettbewerbsfähigkeit enorm."
Budgetkontrolle vorab
Aus diesem Grund wird die EU-Kommission am 12. Mai Vorschläge präsentieren, um einen zweiten Fall Griechenland zu vermeiden und die Wettbewerbsfähigkeit Europas ausgeglichener zu gestalten. Dazu wird es auf EU-Ebene eine Überwachungsgruppe geben, die prüft, was zu tun ist. EU-Währungskommissar Olli Rehn will die einzelnen Budgets schon vor der Behandlung durch die nationalen Parlamente durchleuchten.
Der Vorschlag hat wenig Chance auf Verwirklichung, allerdings könnte diese EU-Gruppe die Budgetstruktur genauer prüfen und gegebenenfalls Alarm schreien. Daneben soll bis Dezember klar sein, wie der Stabilitätspaket verschärft wird. Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank: "Wir unterstützen das voll und ganz."
Ewald Nowotny, Chef der Oesterreichischen Nationalbank, erklärt: "Wenn die Schulden steigen, wird immer mehr Geld für deren Rückzahlung verwendet, und andere Spielräume verschwinden. Wenn die Wirtschaft stärker wächst, werden auch die Zinsen steigen, und die Budgetspielräume würden noch enger."
Positiv bewertet wird der Plan der EU-Kommission, eine Art Krisenfonds einzurichten. Für Nicht-Euro-Länder gibt es eine solche Zahlungsbilanzhilfe bereits, nun soll dies auf den Euroraum ausgeweitet werden. Dem Vernehmen nach gibt es bereits Möglichkeiten, dies so zu gestalten, dass der neue EU-Vertrag nicht geändert werden muss.
Rüffel gab es in Madrid auch für Österreich: In einer Bewertung aller 16 Eurostaaten wurde die vorgesehene Budget-Konsolidierung bis 2014 von der Kommission als zu lasch bezeichnet. Lopatka: "Das Programm ist durchaus ambitioniert, und wird uns unter die Defizitgrenze von drei Prozent bringen. Wenn wir das zusammenbringen, sind wir in der EU sicher nicht im Hintertreffen."
Eurozone: Mehr Balance
Lopatka sagte aber, dass "die Richtung" der EU-Kommission stimmt, um zu einer stärkeren wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit zu kommen. Jean-Claude Juncker, Luxemburgs Regierungschef und Vorsitzender der Eurogruppe: "Wir haben Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit, und das ist unser Problem." So erwirtschaften Länder wie Deutschland hohe Leistungsbilanzüberschüsse, während etwa Griechenland auch hier ein Defizit von 16 Prozent der Wertschöpfung aufweist. Dieses Auseinanderdriften beschädigt die Währungsunion. Auch hier soll die EU-Arbeitsgruppe eine stärkere Abstimmung herbeiführen. Erste Ergebnisse soll es im Dezember geben.
(Das EU-Finanzministertreffen dauert noch bis Sonntag und behandelt unter anderem die Bankenabgabe und die Regulierung der Finanzinstitute. Mehr dazu können Sie am Wochenende unter www.wienerzeitung.at lesen.)