Siemens und EZB über Krisen-Ausweg. | Wien. Was bringen Konjunkturpakete? Und: Wohin zieht es künftig jene Talente, die einst alle Investmentbanker werden wollten? Zwei ganz unterschiedliche Wirtschaftsikonen brachten dazu am Mittwoch Abend beim Bruno-Kreisky-Forum ihre Sichtweisen ein.
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Einerseits Siemens-Chefin Brigitte Ederer, die glaubt, dass der Industriezweig ihres Konzerns derzeit "ins Bodenlose fällt". Eine andere Perspektive liefert die österreichische EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell. Sie versucht seit Monaten, den Geldkreislauf über die Banken wieder zu beleben.
Kein Kredit, kein Kunde
"Solange die Banken nicht bereit sind, Geld herzugeben, können auch die Kunden nicht bei uns investieren", sagt Ederer. Dies treffe Siemens hart, vor allem in der Stahl- und Autoindustrie, speziell in Ungarn und in der Ukraine.
Mit Wehmut erinnert sich Ederer an die 80er Jahre, als man auf der Uni lernte, dass Betriebe immer eine Speckschwarte - Geldpolster - benötigten. Zur Vergangenheit zählt sie auch die "weit überzogenen" Margenerwartungen von 14 Prozent: "Wir fallen auf die Normalität zurück."
Von den Konjunkturpaketen spüre Siemens noch nichts - es brauche wahrscheinlich Zeit. Tumpel-Gugerell fügt hinzu: "Die Bankenpakete waren wichtig, um die Folgen der Krise zu mindern." Die Krise ungeschehen machen könnten sie jedoch nicht. Eine Besserung verspricht sie sich durch Reformen am Finanzmarkt: Die EZB arbeite bereits an Lösungen für mehr Transparenz, bessere Bilanzregeln und mehr internationale Kooperation.
Hoffnung haftet am Nachwuchs. "Früher arbeiteten alle brillanten Uniabsolventen bei Goldman Sachs", so Tumpel-Gugerell. "Wo reichert sich künftig das Wissen an?" Ederer rechnet mit einem Gesellschaftswandel. Wie der aussieht, werde allerdings noch zu wenig diskutiert.