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Was ist der Grund des Versagens der derzeit agierenden Wirtschaftskapitäne und Verantwortungsträger? Das sind doch top ausgebildete und hochintelegente Menschen.
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Es kann doch nicht sein, dass niemand vorhergesehen hat, wozu Gewinnmaximierung um jeden Preis führt? Oder wurde der Schaden doch im vollen Bewusstsein und kollektiv in Kauf genommen, dem eigen finanziellen Vorteil zu liebe? Oder ist es nicht vielmehr so, dass die Eliten an den Universitäten und Managementschulen auf den Shareholder Value als einzige Religion eingeschworen wurden und werden?
Auch das Lebensziel meiner Tochter mit zwölf Jahren ist es, "viel Geld in möglichst kurzer Zeit zu verdienen". Die gleiche Aussage höre ich fast durchwegs von meinen Fachhochschulstudenten.
Was dann mit dem vielen Geld verwirklicht werden soll, konnten mir weder die Studenten noch meine Tochter spontan beantworten. Weder meine Tochter noch meine Studenten nehme ich bisher als unsozial oder gierig wahr. Haben wir es hier also mit einer Thematik zu tun, die über die Eliten hinausreicht und unsere gesamte Gesellschaft betrifft?
Maximalem Stress ausgesetzt, haben wir vielfach das Reflektieren der Folgen unseres Handelns verlernt und mangels Außensicht blinde Flecken entwickelt. Es geht also darum, ein Bewusstsein zu schaffen für das, was man tut. Wozu unreflektierte Geschwindigkeit führt, sehen wir jetzt auf den Finanz- und Wirtschaftsschauplätzen dieser Welt. Der alte Spruch "Speed kills" bekommt vor diesem Hintergrund eine neue, nicht so schöne Bedeutung.
Könnte es sein, dass es uns einfach insgesamt an der Zeit fehlt, um die Frage nach dem Warum zu stellen - vom Spitzenmanager bis hin zum Kind? Wäre es dann nicht ein guter Ansatz, in der Gesellschaft dem Warum, der Reflexion, mehr Wertigkeit - und damit auch mehr Zeit - zu geben?
Dazu wäre es aber notwendig, der "Aus-Zeit" einen Wert zu geben - sie wertvoll zu machen. Wäre es da nicht ein guter erster Schritt, wenn in den jetzt viel diskutierten Bewertungssystemen (Ratings) zu berücksichtigt würde, ob und wie viel Zeit im Jahr die Führung für Selbstreflexion aufwendet? Dies ist ein Ansatz, wie er etwa im japanischen Spitzenmanagement Tradition hatte und wie ihn eigentlich jede Kultur und jede Religion in sich trägt und kennt. Wäre es nicht eine Wohltat, das auch von politischen Verantwortungsträgern zu verlangen?
Und wäre es nicht auch eine Wohltat für jeden einzelnen von uns, zu wissen, warum wir etwas tun?
Robert Rogner jun. ist Vorstand der Rogner Holding (z.B. Rogner-Bad Blumau) und Gründungsmitglied der "International Spa Association Europe".