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Es fehlt nicht nur Geld

Von Brigitte Pechar

Analysen

+++ Ausreichende Kinderbetreuung darf keine Worthülse sein. | Good old Europe wird nun tatsächlich alt - und zwar demografisch betrachtet. In fünf Jahren wird es in Europa erstmals mehr 55- bis 64-jährige Menschen geben als 15- bis 24-Jährige. Natürlich ist das allein mit einer Förderung der Geburtenrate nicht veränderbar. Aber zusätzlich zu einer geregelten Zuwanderung überlegen viele Länder, wie sie wieder Lust auf Kinder wecken können.


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Auch unsere deutschen Nachbarn grübeln, wie den jungen Menschen unter die Arme gegriffen werden kann. Zuerst, da sind sich CDU und SPD einig, müssen ausreichend Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden. Aber das alleine reicht noch nicht. Denn Kinder kosten sehr viel Geld: Je älter sie werden, desto teurer werden sie - wie eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts belegt. In einem Zweiten Schritt könnte daher - so gleich lautende Aussagen von CDU und SPD - der Kindergarten in Deutschland sogar gratis werden.

Österreich steht vor ähnlichen Herausforderungen. Auch hier fehlen laut Arbeiterkammer 46.000 Betreuungsplätze vor allem bei unter 3-Jährigen und bei den Schulkindern. Weitere 40.000 Betreuungsplätze sind unzureichend, das heißt, sie entsprechen nicht den Kriterien zur Vereinbarkeit mit einem Beruf.

Kindergärten sind aber Ländersache in Österreich. Schon Frauenministerin Johanna Dohnal hat in den 80er und 90er Jahren gebetsmühlenartig die Länder darauf hingewiesen, Betreuungsplätze zu schaffen. Bitten alleine scheinen aber nicht auszureichen. 700.000 Euro gibt es jetzt vom Sozialministerium für besondere Projekte, die innovativ und flexibel sind. 1000 zusätzliche Plätze konnten damit 2005 geschaffen werden. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Ein Meinungsschwenk dürfte derzeit in dieser Frage in der ÖVP von statten gehen. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein regt an, die Kinderbetreuung auf die Agenda zu setzen. "Wir alle können dazulernen", hatte er gemeint. Das lässt hoffen, dass nun auch die Länder einsichtig werden.

Die Diskussion um Kinderbetreuung klingt zuerst einmal nur nach einer Finanzierungsfrage, ist es aber nicht. Die Familie ist in den letzten zehn Jahren einem enormen Wandel unterlegen. In Großstädten wird jede zweite Ehe geschieden. Natürlich wollen viele Frauen möglichst lange bei ihrem Kind bleiben. Aber was wird dann aus ihnen, wenn sie aus dem Arbeitsprozess draußen sind, weil es eben für Kleinkinder zu wenig Betreuungsmöglichkeiten gibt, und sich auch ihr Partner mittlerweile jemand anderem zugewandt hat? Heile-Welt-Bilder können da nicht helfen. Sondern, die Frauen müssen das Gefühl haben, dass sie bei ihrem Beitrag zur Gesellschaft nicht alleine gelassen werden.

Dazu gehört dann auch noch ein stärkerer Anreiz für Väter, sich gleichberechtigt und auch gleich aktiv in die Erziehung und Betreuung der Kinder einzubringen. Dafür sind die Rahmenbedingungen in Österreich noch dürftig.