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"Es findet ein reinigender Prozess statt"

Von Katharina Schmidt

Politik

Der scheidende Korruptionsjäger Walter Geyer im Gespräch.


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Wien. Er habe immer etwas bewegen wollen, sagt Walter Geyer. Tatsächlich hat der Leiter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta) ein bewegtes Arbeitsleben hinter sich. Am 30. November wird er 65 Jahre alt - damit muss er in den Ruhestand wechseln. "Und im Ruhestand werde ich Ruhe geben", sagt er zur "Wiener Zeitung".

"Ruhe geben" war bisher nicht unbedingt seine Stärke. 1984 war es Geyer, der als Staatsanwalt ein Strafverfahren wegen Abgabenhinterziehung gegen Ex-Finanzminister Hannes Androsch einleitete. 1986 ging er für die Grünen ins Parlament - und sorgte mit einer neunstündigen Rede gegen das Waldsterben dafür, dass im Hohen Haus eine Redezeitbeschränkung eingeführt wurde. Außerdem war er Mitglied des Lucona-U-Ausschusses. Lange hielt es ihn nicht bei der von internen Streitereien geprägten Ökopartei, bereits 1988 legte er sein Mandat zurück und wurde wieder Staatsanwalt. Bis 2009 leitete er die Anklagebehörde in Korneuburg, dann wurde er als Leiter in die neugegründete Korruptionsstaatsanwaltschaft berufen, die damals noch mit zwei Mitarbeitern - ihm selbst und einer weiteren Staatsanwältin - auskommen musste. Den Aufbau der Behörde - die heutige WKSta hat mittlerweile 18 Mitarbeiter, im Endausbau sollen es 40 sein - "hat mir bis zum Schluss immer Spaß gemacht", sagt Geyer. Sein Anliegen sei es gewesen, eine Behörde zu schaffen, deren Grundsatz es sei, den Dingen auf den Grund zu gehen - und eine Anklageerhebung wie auch eine Einstellung der Ermittlungen gut zu argumentieren.

Die Effekte der Arbeit der WKSta sieht er positiv: Es gebe einen "reinigenden Prozess, weil jetzt viele Dinge aufbrechen". Die Öffentlichkeit sei viel sensibler geworden, was sich auch auf die Handlungen der Politiker auswirke. Als Fortschritt bezeichnet Geyer die Verbesserungen im Korruptionsstrafrecht und die neuen Gesetze zu Medientransparenz und Parteienförderung. Jedoch müsse man beobachten, wie sich diese Regeln in der Praxis auswirken. Ziel müsse sein, die lange Verfahrensdauer zu reduzieren.

Für Geyers Nachfolge beworben haben sich der Obmann der Vereinigung der österreichischen Staatsanwälte, Gerhard Jarosch, Oberstaatsanwältin Ilse-Maria Vrabl-Sanda, sowie Johann Fuchs und Eberhard Pieber aus der WKSta. Eine Expertenkommission hat bereits ein Gutachten mit einem Reihungsvorschlag erstellt, nun ist Justizministerin Beatrix Karl am Zug. Geyer selbst will sich jedenfalls einmal den Dingen widmen, "die bisher zu kurz gekommen sind" - etwa Reisen.