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"Es gab Fehler, ich bitte um Entschuldigung"

Von WZ-Korrespondentin Christine Zeiner

Politik

Berliner Bürgermeister wegen Flughafendesaster unter Beschuss.


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Berlin. "Wie das hier aussieht." "Nee, das kann nicht rechtzeitig fertig werden." David und Sarah gehen durch die Gänge des Flughafen Berlin Brandenburgs und sind fassungslos. Die zwei jungen Berliner haben sich einen Tag Urlaub genommen, um als Statisten bei einem Probedurchlauf dabei zu sein: Sie wollten unter den Ersten sein, die das mehrere Milliarden Euro teure neue Schmuckstück der deutschen Hauptstadt zu sehen bekommen.

Das war im Mai. Die Eröffnung Anfang Juni gab es bekanntlich nicht, und auch nicht wie zunächst gedacht im August. Nun ist die Rede vom 27. Oktober 2013 - doch Anton Hofreiter von den Grünen glaubt auch daran nicht. Es muss dem Bundestagsabgeordneten bei seiner Baustellenbesichtigung Mitte der Woche ähnlich ergangen sein wie David und Sarah im Mai. Es gebe keine zeitlichen Puffer und die Probleme mit der Brandschutzanlage und den unter Zeitdruck chaotisch verlegten Kabeln seien groß, sagte Hofreiter, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Parlament.

Der Berliner Bürgermeister sieht das anders. "Das ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte", erklärte Klaus Wowereit am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Im Saal waren derweil Buh- und Zwischenrufe zu hören.

"Es wäre fair, wenn Sie das mal anerkennen würden", rief Wowereit seinen Kritikern zu. Von einer "Verschwendung von Steuergeldern" wollte der Sozialdemokrat und Vorsitzender der Flughafengesellschaft nichts hören.

Kosten schon um

1,7 Milliarden Euro höher

Der Kostenrahmen des neuen Flughafens beträgt mittlerweile 4,3 Milliarden Euro und liegt damit 1,7 Milliarden Euro über der ursprünglichen Planung. Ein kürzlich beschlossenes neues Finanzierungskonzept sieht Mehrkosten von 1,2 Milliarden Euro vor, die auf die drei Eigentümer Berlin, Brandenburg und den Bund zukommen - ein errechnetes "Worst-Case-Szenario", wie Wowereit am Donnerstag versicherte. Die geplanten Mehrkosten müssen allerdings noch von Brüssel genehmigt werden, da die Eigenkapitalerhöhung eine Beihilfe darstellt.

Die Steuereinnahmen würden sich "deutlich besser als im Sommer erwartet" entwickeln, zudem gebe es "historisch niedrige Zinsen", die Berlin zurzeit zugute kämen. Und so könnte der zusätzliche Anteil von 440 Millionen Euro für Berlin ohne Kredite getragen werden, wiederholte Wowereit die Erklärung des Berliner Finanzsenators vom Dienstag.

Medien hatten bereits über das "märchenhafte Glück" geätzt, das über die Stadt gekommen sei. Die Opposition verweist indes darauf, dass mit dem Geld Schulen oder Straßen saniert hätten werden können. Berlin ist mit über 64 Milliarden Euro verschuldet.

Nur ein Viertel der gesamten Mehrkosten sei auf die Verschiebung der Eröffnung zurückzuführen, sagte Wowereit, zudem würden diese einst durch den Flughafen refinanziert. Die Mehrkosten beim Schallschutz hätte es ohnehin gegeben. Die größten Probleme seien zurzeit die Themen Entrauchungsanlage sowie Kabeltrassen, außerdem das deutlich gewachsene Verkehrsaufkommen auf den bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld.

"Wer ist ,es‘, der Fehler gemacht hat?"

"Natürlich" werde es noch "in dem einen oder anderen Fall zu Irritationen kommen", sagte Wowereit. Und ja, es seien Fehler gemacht worden, dafür bitte er auch erneut um Entschuldigung. Doch der Flughafenbau sei richtig, es handle sich um das "wichtigste Infrastrukturprojekt der Region".

Die Rede des Bürgermeisters beruhigte die Opposition keineswegs. Wer ist "es", der Fehler gemacht habe, rief die Klubchefin der Grünen, Ramona Pop. "Wer hat beschlossen, dass der Flughafen größer und teurer wird?" In den kommenden Wochen wird sich ein Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses mit dem Missmanagement befassen.