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"Es gab keine Manipulationen"

Von Peter Wötzl

Politik

Vorgelegtes Modell von Generalstab bewertet, so Darabos. | "Aushöhlung von Neutralität ist nicht gegeben." | "Wiener Zeitung": Sie stehen seit Tagen und Wochen unter Dauerbeschuss. Kam Ihnen schon ein Rücktritt in den Sinn? | Norbert Darabos: Das war nie ein Gedanke. Diese abrupten und harten Reaktionen der Reformverweigerer zeigen mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin und wir diese Reformen unbedingt umsetzen müssen.


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Der von Ihnen abberufene Generalstabschef Edmund Entacher will juristisch gegen die Ablöse vorgehen. Könnte das ein Bumerang für Sie werden?

Ich stehe dem gelassen gegenüber. Ich habe Entacher zum Chef gemacht und von ihm Loyalität eingefordert. Die hat er in dieser Frage nicht gezeigt. Man muss sehen, wie das ausgeht. Deutschlands Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat seinen Generalstabschef abberufen, die spanische Ministerin hat den Generalstabschef abberufen. Auch wenn es mir schwer gefallen ist, muss das auch in Österreich legitim sein.

Es gab die Kritik, dass bei der Berechnung der Heeresmodelle manipuliert wurde, dass Sie quasi Neuberechnungen verlangten?

Es hat keine Manipulationen gegeben. Es ist für mich ganz interessant, dass solche Diskussionen überhaupt aufkommen. Wir haben viele Modelle durchgerechnet. Am Ende stand ein Modell, das mir vom Generalstab vorgelegt und das von mir als bestes eingestuft wurde. Die Zwischenberechnungen sind irrelevant, weil wir verschiedene Berechnungsgrundlagen hatten. Um ein Beispiel zu nennen: Es hat Berechnungen gegeben, wo ein Milizionär 10.000 Euro pro Jahr erhält oder wie im jetzigen Modell 5000. Das ist eine Entscheidung, die dann am Ende des Tages zu treffen ist, und das ist keine Manipulation. Es bereitet mir Sorgen, dass man mir das vorwirft und macht mich auch persönlich betroffen.

ÖVP-Chef Josef Pröll hält das SPÖ-Modell für gescheitert. Jetzt heißt es zurück an den Start. Wie sehen Sie das?

Die ÖVP hat mit mir über die Modelle noch nicht einmal diskutiert, also insofern kann ich nicht sagen: Zurück an den Start. Aber wenn es um die Abrüstung der Worte geht, bin ich gerne bereit, mit der ÖVP zu diskutieren. Wir werden sehen, was die laufenden Gespräche bringen. Ich werde mich auf Grundlage meines Modells bewegen, wiewohl wir natürlich auch über die Sicherheitsdoktrin mit der ÖVP reden werden.

Gilt das Motto: Erst über die Sicherheitsstrategie, dann über die Wehrpflicht reden?

Es ist so, dass wir in der Sicherheitsstrategie nicht auseinander liegen, weil ich das Programm der ÖVP in diesem Bereich kenne und ihr auch meines übermittelt habe, übrigens schon am 15. Dezember. Und auf Grundlage dieses Modells möchte ich mit der ÖVP die Sicherheitsdoktrin abschließen. Ich sehe da keine gravierenden Änderungen. Ich bin sogar sehr erfreut darüber, dass die ÖVP die Festlegungen von 2001 - Stichwort ganz hin zur Nato, weg von der Neutralität - verlassen hat. Wir sind da auf einer Linie, auch was die Herausforderungen bei Cyberwar und Terrorismusbekämpfung betrifft. Und damit ist klar, dass in diesem Fall ein Auseinanderdriften nicht erklärbar sein würde.

Was ist ein No-go?

Die SPÖ und ich als Person stehen ganz klar gegen den Nato-Beitritt und für die Beibehaltung der Neutralität.

Dennoch fürchten viele eine mögliche Aushöhlung der Neutralität durch ein Freiwilligenheer.

Ganz im Gegenteil: Die Neutralität hat nichts damit zu tun, wie das Heer in seiner beruflichen Ausformung ausgerichtet ist. Also ob es ein Berufsheer, ein Freiwilligenheer oder das jetzige System ist. Das ist eine politische Entscheidung. Diese Diskussion verstehe ich überhaupt nicht.

Wird am Ende eine Volksbefragung über die neue Heeresstruktur entscheiden?

Ich gehe natürlich mit einem Vorschlag in eine Volksbefragung, sollte sie kommen. Und ich gehe davon aus, dass sie kommen wird. Es freut mich, dass es zumindest da Signale aus der ÖVP gibt, dass man diesen Weg gehen möchte. Ich glaube, es ist nicht verwerflich, ganz im Gegenteil. Angesichts dessen, dass viele sagen, die Politik entferne sich zu weit von den Menschen, ist es notwendig und gut, in so einer wichtigen Frage auch das Volk zu befragen. Ich habe auch keine Angst davor. Ich nehme an, auch die ÖVP nicht.

Beobachter meinen, Sie wurden durch die Diskussion vom Verteidigungsminister zum Selbstverteidigungsminister.

Es ist sicher bisher die härteste politische Bewährungsprobe für mich. Aber wenn man von einem Weg überzeugt ist, muss man den auch gehen.

Man wirft Ihnen einen Schwenk Ihrer Politik vor: Von einem starken Befürworter der Wehrpflicht zum nunmehrigen Vorkämpfer eines Freiwilligenheeres. Hat Sie das nicht politisch beschädigt?

Der Schwenk, den man mir vorwirft, ist keiner, sondern ist auf Grundlagen von Fakten erfolgt, die auf Erfahrungen in Deutschland und in Schweden basieren. Und aufgrund eines Weges, den ich über mehrere Monate durchgezogen habe. Dass mir vorgeworfen wird, dass ich einen Schwenk gemacht habe, mit dem muss ich leben. Aber ich kann nur sagen: Ich bin zu 100 Prozent von dem überzeugt, was jetzt Sache ist, und das möchte ich durchziehen.

Norbert Darabos (46) ist seit 2007 Verteidigungsminister. Davor war der Burgenländer, der seit 1987 in der Politik aktiv ist, unter anderem SPÖ-Bundesgeschäftsführer.