HTL-Lehrer erhielt Teacher’s Award für sein Roboter-Projekt mit Maturanten.
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Wien. Verstaubt und veraltert war einmal: Kaum ein Bereich ist derzeit so massiv in Bewegung wie die Schule. Allein dieses Jahr starteten Probeläufe für Zentralmatura und neue Oberstufe sowie überarbeitete Bildungsstandard-Testungen. Die Gesetzesentwürfe zur neuen Pädagogen-Ausbildung gingen vor Kurzem in Begutachtung, über das Lehrerdienstrecht wird verhandelt. Vor allem aber versucht das Unterrichtsministerium, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Und stellt eine Aussage in den Mittelpunkt: Guter Unterricht beruht auf guten Lehrern. Die besten wurden diese Woche ausgezeichnet. Die "Wiener Zeitung" sprach mit einem von ihnen.
"Wiener Zeitung":Sie wurden diese Woche mit dem Teacher’s Award für herausragende Leistungen als Pädagoge ausgezeichnet. Was haben Sie richtig gemacht?Harald Guggi: Das Projekt "Hexapod", wofür wir den Preis bekommen haben, ist im Schülerteam entstanden: Maturanten haben einen sechsbeinigen Roboter entwickelt, dessen Steuerungsprogramme von der Industrie genutzt werden können. Er reagiert auf Pfeifen oder wenn man sagt: "Du, geh’ nach links." Die Schüler haben also ein sinnvolles Ziel verfolgt, waren motiviert und haben durch den Projektunterricht auch gelernt, gruppenorientiert zu arbeiten. Ich als Lehrer konnte dadurch eine viel größere Nähe zu ihnen entwickeln. Mit Frontalunterricht wäre das nicht möglich gewesen.
Sie sind gegen Frontalunterricht?
Ja, das ist auf Dauer schlecht. Entweder schlafen die Kinder ein, oder sie beschäftigen sich mit anderen Dingen, weil es sie nicht interessiert. Am meisten kann man Jugendliche motivieren, indem man sie selber etwas machen lässt. Das ist viel mehr Arbeit als Frontalunterricht: Da klopfe ich meine Folien runter, ganz egal, was ankommt und was nicht. Wenn ich die Theorie aber zwischen Projekte einfließen lasse, ist das meiner Ansicht nach der Schlüssel zum Erfolg.
Welcher ist der größte Fehler, den Lehrer machen können?
Nicht auf die Schüler zu hören, deren Probleme zu ignorieren.
Aber im Beruf wird doch auch wenig Rücksicht auf den Einzelnen genommen. Werden die Schüler durch diesen eher freundschaftlichen Umgang adäquat vorbereitet?
Freundschaftlich-autoritär würde ich sagen, ein bisschen Autorität muss schon sein. Ich komme ja aus der Wirtschaft, habe den Projektunterricht an die Schule gebracht und weiß: Es geht immer um Motivation. Bevor ich Lehrer geworden bin, habe ich Riesenprojekte in der Elektroindustrie geleitet. Schon damals musste ich die Menschen motivieren und richtig einsetzen -so, wie ich es auch heute mache.
Als Lehrer haben Sie nun langjährige Erfahrung: Wird es immer schwieriger, die Jugendlichen zu motivieren?
Das Umfeld hat sich geändert. Früher gab es kein Internet, die Ablenkung ist heute sehr groß. Manche surfen die Nacht durch und kommen mit glasigen Augen in die Schule. Wer aber geeignet und interessiert ist, lässt sich immer motivieren.
Gibt es in dieser Hinsicht begabte und unbegabte Lehrer?
Man muss Freude am Beruf haben. Die Begabung kommt damit automatisch.
Was ist das Wichtigste, das einem Lehrer in der Ausbildung beigebracht werden sollte?
Wie er den Schülern den Stoff verständlich vermittelt. Vor allem das technische Stoffgebiet ist oft kompliziert und ein Lehrer muss lernen, wie er es richtig aufbereitet, damit es auch aufgenommen wird.
Kommt dabei das Modell der Ganztagsschule, das ja derzeit ausgebaut wird, Lehrern und Schülern entgegen?
Auf jeden Fall. Ich fände es gut, wenn der Ganztagesunterricht überall eingeführt wird, weil man viel besser mit den Schülern zusammenarbeiten kann.
Der Teacher’s Award ist die Bestätigung, dass Ihre Art der Zusammenarbeit funktioniert hat . . .
Mehr als diese Auszeichnung bedeutet mir, dass nicht ich, sondern meine ehemalige Maturaklasse das Projekt für mich eingereicht hatte. Das sehe ich als Ausdruck meines Erfolgs.
Zur Person
Harald Guggi
Der 62-Jährige hat die Technische Universität Graz absolviert und war danach sechs Jahre lang technischer Angestellter beim Elektronikkonzern Philips. Nach einem Auslandaufenthalt in den Niederlanden wechselte er an die HTL Donaustadt in Wien, wo er seit 28 Jahren Elektronik, Telekommunikation und Hochfrequenztechnik unterrichtet. Guggi ist verheiratet und hat keine Kinder.