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Von der Suche nach einem Anspruch beim Kultursponsoring.
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Als Bruno Kreisky Bundeskanzler der Republik Österreich war, zählte es zur Kultur bei internationalen Verhandlungen in Wien, auch ein Konzert der Wiener Sängerknaben zu erleben – oft, so wurde mir vor Jahren im Rahmen eines Sponsoring-Workshops für das MuTh in Wien erzählt, kam es dann zu Annäherungen beziehungsweise Verhandlungsergebnissen. Das gemeinsame Erleben von Kunst hatte die Menschen berührt und bewegt . . .
Als ich an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien als Kulturreferent der Österreichischen Hochschülerschaft Michael Frischenschlager als Rektor kennenlernte, tobte in Bosnien der Krieg. Michael Frischenschlager (er organisiert dieser Tage den 10. Internationalen Fritz Kreisler Violinwettbewerb, der von 17. bis 25. September im Wiener Künstlerhaus und im Wiener Musikverein ausgetragen wird) hieß die Studenten, nach einem Hilferuf des Rektors der Musikuniversität Sarajevo, in Wien willkommen, unterstützt vom damaligen Vizekanzler und Wissenschaftsminister Erhard Busek. Einige der Studenten waren schon an der Front und konnten nun in Wien ihr Studium fortsetzen. Wir von der Hochschülerschaft organisierten 1995 auch mit Unterstützung der Salzburger Festspiele einen gemeinsamen Besuch der Aufführung von Bernd Alois Zimmermanns "Requiem für einen jungen Dichter" mit anschließenden Diskussionen über das Menschsein bis in den frühen Morgen. Das monumentale Werk schließt mit den Worten: "Dona nobis pacem." Dass wir die Karten finanzieren konnten, hatten wir den Sponsoren der Festspiele zu verdanken.
2001 veranstalteten Michael Frischenschlager und ich für die Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien das Symposium "Kunstuniversität und Wirtschaft". Das große Interesse seitens der Wirtschaft motivierte uns, Sponsoringkonzepte zu entwickelten. Und so führte das Zusammenwirken von Uni, Ministerien, Land Niederösterreich und einer großen privaten Förder- und Sponsorengemeinschaft dazu, dass an den Meisterkursen, der Internationalen Sommerakademie Prag-Wien-Budapest der Musikuniversität an die 300 Studierenden aus mehr als 20 Nationen, viele von ihnen über Stipendien, teilnehmen konnten.
Manche Sponsoren brachten Publikum zu den Konzerten, was sich wiederum positiv auf die Konzertatmosphäre auswirkte, sodass die Studierenden ihr Künstlersein erfahren konnten. Für junge Musiker eine mehr als essenzielle Erfahrung. Die Motivation für die Unternehmen bestand neben der Förderung junger Künstler darin, die kulturelle Vielfalt und Verbundenheit der Donauländer unternehmensintern und extern zu vermitteln. Wir widmeten den Donauländern Konzertabende im Rahmen der "Langen Nacht der Musik" des ORF in der Wirtschaftskammer oder im Arkadenhof des Wiener Rathauses, und einmal jährlich dankten wir in einem Konzert den Sponsoren mit Unterstützung der Industriellenvereinigung. Die mediale Aufmerksamkeit stieg.
Im Laufe der Arbeit wurde auch bewusst, wie sensibel die Beziehungen von Ländern des ehemaligen Ostblocks im historischen Kontext zueinander waren und sind. Mehrere Sonderkonzerte gemeinsam mit den Botschaften der jeweiligen Länder dokumentierten dies. Etwa eine Gedenkmatinee 2004 anlässlich des 60. Jahrestages des Warschauer Aufstandes gemeinsam mit der Botschaft der Republik Polen und dem früheren polnischen Außenminister Wladyslaw Bartoszewski als Vortragendem. Es sollte mehr als nur ein Zeichen des Gedenkens sein.
Musik als Brücke zur Vernunft
An der Sommerakademie wollten in Folge der Konflikte am Balkan auch immer wieder Studenten nicht miteinander auftreten. Letztlich siegte die Macht der Musik als Brücke zur menschlichen Vernunft. Als mich 2012 ein großer österreichischer Baukonzern mit einer Veranstaltung in Sarajewo beauftragte, waren der Grund die noch immer vorhandenen Spannungen zwischen Bosniern, Serben und Kroaten. Frühere Studenten, die während des Kriegs in Wien studierten - sie unterrichten heute an der Musikuniversität von Sarajevo - unterstützten uns. Das in diesem Falle unbewusst gemeinsames Erleben von Kunst ließ diesen Abend zu einem ganz besonderen werden; man versteht sich heute anders.
Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, was Kunst so alles über das Kunstsein an sich hinaus bewirken kann, öffentlich und privat. Um sinnstiftende Kooperation von Kunst/Kultur und Wirtschaft zu stärken, entwickelte ich aus den positiven Erfahrungen über die Jahre Weiterbildungsseminare als zivilgesellschaftlichen Beitrag zum Thema Sponsoring im Bewusstsein, wie notwendig Professionalität und Sensibilität in diesen Bereichen sind. Wenn wir als Gesellschaft und als Demokratie die anstehenden Probleme human bewältigen wollen, tun wir gut daran, das Laboratorium Kunst in unserer Kultur zu fördern und breiten Bevölkerungsschichten zu erschließen - auch mithilfe von Kooperationen mit der Wirtschaft. Kunst ist eben mehr als eine Freizeitbeschäftigung - es wäre für eine Gesellschaft fatal, sie nur als solche zu sehen. Gerade in einer Zeit, wo Gewohnheiten der digitalen Kommunikation (Stichwort: Daumen rauf, Daumen runter) auch in allgemeinen Debatten immer mehr zur Kultur werden - ist es die Kunst, die sich diesem dumpfen Sein verschließt.
Mit der Möglichkeit, größeren gesellschaftlichen Gruppen Kunst und ästhetische Bildung zugänglich zu machen, unmittelbar verbunden ist die Persönlichkeitsentwicklung; zumindest über das Erfahren von Kunst die Sinne zu schärfen, einen eigenen Geschmack zu entwickeln, im gemeinsamen Erleben zu lernen, andere Meinungen zuzulassen etc. Die Koexistenz von öffentlicher und privater Kulturförderung zeugt auch von einer gewissen Unabhängigkeit. Wie schwierig diese zu erlangen ist, wissen allerdings nur jene, die unabhängig sind. Aktuelle Diskussionen zeigen, wie sehr in diesem Bereich Professionalisierung von Nöten ist. Es gilt auch einen gewissen Qualitätsanspruch zu definieren: Wer passt als Sponsor zu mir? Wer stärkt meine Institution und mein Image?
Danken wir all jenen Sponsoren, die durchaus im Sinne der Kunst und ihres Unternehmens Menschen für Kunst begeistern und mit ihren Beiträgen die Kulturlandschaft und damit unsere Gesellschaft bereichern, und jenen, die Unternehmer motivieren, in Kunst zum Wohle ihres Unternehmens und zur Weiterentwicklung unserer Zivilgesellschaft zu investieren. Dass das so bleibt, daran sollten wir arbeiten - durchaus im eigenen Interesse.