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Es geht wieder nach unten

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.

Alle Analysten und Anleger - vor allem solche, die sich mit Anleihen befassen - fragen sich derzeit: Wann werden die Notenbanken die Leitzinsen wieder anheben?


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Einen allgemeinen Konsens über einen möglichen Zeitpunkt gibt es im Markt nicht mehr. Noch im Herbst 2009 waren sich die meisten Analysten einig, dass das Zinsniveau noch lange, das heißt über 2010 hinaus, auf einem historischen Tiefststand bleiben wird.

Allerdings hat schon damals Georg Schuh, Finanzchef von DB Advisors, dem Vermögensverwaltungsarm der Deutschen Bank, diese Annahme als "eine der größten Fehleinschätzungen des Marktes" genannt. "Die US-Notenbank hat mit der Zinssenkung auf eine Notsituation reagiert, die nicht mehr existiert," stellte Schuh fest. Er erwartete bereits für das zweite Quartal des heurigen Jahres eine Anhebung der Zinsen.

Investoren unsicher

Mittlerweile sind auch andere Analysten davon überzeugt, dass die Leitzinsen noch heuer steigen werden. Allerdings sieht etwa die Erste Bank einen solchen Schritt realistischer Weise wahrscheinlich erst nach dem Sommer.

Auf Grund der Unsicherheiten setzen einige Investoren derzeit auf Anleihen mit kurzer Laufzeit, um sie notfalls bald wieder abstoßen zu können. Andere wiederum glauben, dass Anleger mit einer solchen Strategie gute Renditechancen vergeben, denn Papiere mit längerer Laufzeit werfen mehr Gewinn ab.

"Wer aus Angst vor steigenden Leitzinsen Papiere mit kurzer Laufzeit bevorzugt, verspielt außerdem einen wichtigen Vorteil von Rentenpapieren: die geringe Korrelation zu Aktien", meint Andrew Wells, Finanzchef für den Bereich festverzinsliche Wertpapiere bei Fidelity International. Seiner Ansicht nach ist für 2010 ein breiter Anleihen-Mix das Beste, der von Hochzinsanleihen, also solchen von Emittenten mit niedriger Bonität, über Unternehmens- und Staatsanleihen bis hin zu inflationsgeschützten Produkten alles beinhaltet.

Warnende Stimmen

Gerade in Bezug auf Staatsanleihen gibt es aber etliche Stimmen, die warnen, dass einige Staaten durch die massiv gestiegene Verschuldung zahlungsunfähig werden könnten. Österreichische Bundesanleihen wird dies wohl nicht betreffen, sollte aber gemeinsam mit einer Zinserhöhung die Inflation anziehen, würde das auch zum Beispiel das derzeit hohe Preisniveau von zehnjährigen Bundesanleihen schwächen.

Auch im Unternehmenssektor sind die Risikoaufschläge von ihrem historisch hohen Niveau im März vergangenen Jahres bereits deutlich gefallen, sodass manche Analysten sogar dazu raten, heuer die Finger ganz von Anleihen zu lassen und lieber in Aktien zu investieren.

Das heurige Jahr wird jedenfalls in allen Anlagebereichen hoch volatil werden. Dabei wird eine vorsichtige Auswahl von breit gestreuten Investitionsmöglichkeiten wichtiger sein als je zuvor.