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Es gibt auch "good news" vom Irak

Von Helmut Dité

Politik

Rasantes Wachstum in Kurdistan. | Sicherheitslage ermutigend. | Bald Regelung für die Ölreserven. | Erbil. Kann sein, dass die entscheidende Schlacht um die Zukunft des Irak derzeit im Erbil International Hotel geschlagen wird. Im schwer bewachten luxuriösen zehnstöckigen ehemaligen "Sheraton" der Hauptstadt der Region Kurdistan geben Delegationen aus aller Herren Länder einander die Türklinken in die Hand, um mit den Ministern der Regionalregierung Projekte zum Wiederaufbau des Landes in Gang zu bringen. Denn: Wenn es keine wirtschaftliche Perspektive gibt, dann versinkt das vor allem wegen seiner riesigen Ölreserven - den zweitgrößten der Welt nach denen in Saudiarabien - potentiell reiche Land wohl gänzlich in Bürgerkrieg und Elend.


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In der de facto unabhängigen Region von der Größe Österreichs mit fünf Millionen fast ausschließlich kurdischen Bewohnern ist das im Gang, was die Amerikaner sich wohl für den gesamten Irak erträumt hatten: Die Wirtschaft wächst, die Sicherheitslage ist stabil, auf demokratischer Grundlage haben sich Regierungs- und Verwaltungsstrukturen herausgebildet.

Und während im gesamten Irak mittlerweile laut UNO jeder achte Bewohner auf der Flucht ist, schon Hunderttausende Menschen außer Landes gegangen sind, strömen nach Erbil immer mehr Zuwanderer. Kurden, die seit den späten Siebziger Jahren im Exil in Europa und den USA waren, kommen zurück. in jüngster Zeit kommen aber auch immer mehr Menschen anderer Volksgruppen und Religionen in den Nordirak. Allein 1500 Familien, die der christlichen Minderheit der Chaldäer angehören, haben sich im Vorjahr der 15.000 Seelen umfassenden christlichen Gemeinde im Erbiler Stadtteil Ankawa angeschlossen, berichtet Bischof Estephan Rabban. In der St. Stephanskirche wird auf aramäisch gebetet, in der Sprache Jesu Christi. Auch das Priesterseminar ist jetzt aus Bagdad in die kurdische Sicherheitszone geflüchtet.

Seit die beiden großen kurdischen Parteien - und die dahinter stehenden Clans der Barzanis und Talabanis - Frieden geschlossen haben und an einem Strang ziehen, ist Erbil, das vor 20 Jahren erst knapp 400.000 Einwohner hatte, zur Millionenstadt geworden - und wächst weiter.

Heimkehrer - und

neue Flüchtlinge

"Alle sind willkommen, alle Religionen werden respektiert", versichert Nisar Talabany vom Büro des Ministerpräsidenten. Die 28jährige lächelt auf die entsprechende Frage: "Ja, mein Vater ist ein Cousin zweiten Grades des irakischen Präsidenten. Ich bin eine Talabany und arbeite für Premier Barzani - allein dadurch sehen sie schon, dass die Auseinandersetzungen vorbei sind".

Sie ist im Exil in London aufgewachsen, hat dort Pharmazie studiert - und ihre Heimat erst vor ein paar Monaten erstmals betreten. "Ich wollte immer schon politisch am Wiederaufbau des Landes mitarbeiten", sagt sie - und amüsiert sich darüber, dass unlängst der Passkontrollor auf dem Wiener Flughafen es nicht fassen konnte: "In Erbil wollen sie leben? Das ist doch kein Ort für eine junge Frau!" .

Die ganze Stadt ist eine Baustelle: Wohnsiedlungen, Villenviertel, Einkaufszentren, große Parks, vierspurige Hauptstraßen. Einiges ist fertig: Das ultramoderne Kongresszentrum, der Minare-Park mit seinen Wasserspielen, die zu Jahresbeginn eröffnete neue große Moschee mit ihren zwei 75 Meter hohen Minaretts - benannt nach dem Geschäftsmann Jalil Khayat, der sie ganz allein gestiftet und den Bau bezahlt hat -, eine riesige dreistöckige Shopping-Mall neben dem alten Bazar mit seinen mehr als 3000 kleinen Geschäften. Von manchem sieht man erst die Fundamente und die groß plakatierten Modellfotos: Der Büroturm der Mobilfunkfirma Korek - "höchster Turm in Kurdistan und dem Irak" -, das ein ganzes Stadtviertel umfassende Büro- und Wohnprojekt "Empire"oder das ebenso weitläufig angelegte zukünftige Villenviertel "Dream City".

Wie großzügig und auf welches Wachstumstempo hin geplant wird, illustriert am besten der Flughafen: Aus dem Militärstützpunkt, von dem aus Saddam Hussein seine Bomber gegen die Kurdendörfer in den Bergen starten ließ, wurde 2005 mit der Öffnung für den internationalen Zivilflugverkehr das "Gateway Kurdistans to the World" - zwei kleine,eingeschossige Gebäuden, in denen 2006 immerhin 200.000 Passagiere abgefertigt wurden. Erst am 11. Dezember 2006 nahm mit Österreichs AUA als Pinier der erste internationale Carrier den Liniendienst auf. Aber schon 2008 soll dann der ganz neue Airport in Betrieb gehen, ausgelegt für fast drei Millionen Passagiere pro Jahr, mit einer 4800 Meter langen Bahn, auf der auch die größten neuen Jumbos starten und landen können.

Es herrscht Aufbruchstimmung in der seit Jahrzehnten ökonomisch vernachlässigten Provinz an der Grenze zum Iran und zur Türkei. Anlässlich des offiziellen Erstflugs der Austrian Airlines hat sich dieser Tage auch eine österreichische Wirtschaftsdelegation mit 23 heimischen Firmenvertretern nach Erbil begeben, um den Markt zu sondieren. Delegationsleiter WKÖ-Vizepräsident Richard Schenz kennt den Irak aus seiner Zeit beim heimischen Ölriesen OMV bestens - er hat dort seit den 70er-Jahren Öl eingekauft, die Raffinerie Schwechat wurde seinerzeit konstruktiv auf die Verarbeitung des hochwertigen Kirkuk-Öls ausgelegt. Zeitweise - zuletzt auch in in den Jahren des "Öl for Food"-Programms der UNO - war der Irak mengenmäßig größter Rohöllieferant Österreichs. Zuletzt ist der Handel zwischen den beiden Ländern zusammengebrochen: 2005 importierte Österreich Waren im Wert von ganzen 39.000 Euro aus dem Irak.

Am dringendsten braucht Kurdistan ein funktionierendes Wasser- und Elektrizitätssystem. Aber auch Straßen und Eisenbahnen, Krankenhäuser und Schulen müssen gebaut werden.

Über die Verteilung der Ölquellen im Land soll in Kürze entschieden werden - alles was neu gefunden wird, soll der Region gehören, von den bisherigen Einnahmen stehen ihr 17 Prozent zu. Die wurden zuletzt aber von Bagdad eher schleppend überwiesen. 40 Prozent der irakischen Ölreserven dürften unter kurdischen Gebiet zu finden sein, rechnen Experten.

Allen Projekten gemeinsam ist eines: Als erstes fertig sein muss der Zaun - im Fall der Dream-City hohe Eisenstangen auf Steinsockeln wie um die Wiener Hofburg - oder die Mauer - im Fall des Sheraton-Hotels, des Parlaments und der Parteizentralen verziert mit folkloristischen Murals. Denn: Das wichtigste ist die Sicherheit.

"Wir dürfen es nicht zulassen, dass es auch in unserer Stadt zu Vorfällen kommt wie in Bagdad", sagt Regierungssprecher Rawand Darwesh. Der 34-Jährige, der mit einem Fulbright-Stipendium in Washington studiert hat und jetzt entschlossen ist, sich beim Wiederaufbau seiner Heimat auch um die kleinsten Details zu kümmern, sagt "Danke für ihr Verständnis", wenn seine schwer bewachten Gäste zum dritten Mal hintereinander eine Sicherheitsschleuse passieren müssen, immer wieder abgeklopft werden, die Milizionäre jedes Päckchen Zigaretten öffnen, jedes Feuerzeug und jede Kamera ausprobieren, sogar ein Paket Spielkarten durchblättern. "Alle unsere Nachbarn wollen, dass wir scheitern", sagt Rawand. Er zeigt von der seit 4000 Jahren besiedelten Zitadelle der Stadt - die jetzt als Unesco-Weltkulturerbe gelistet ist - nach Osten: "Dort, in der Ebene, keine 15 Kilometer von hier hat die große Schlacht zwischen Daraeus und Alexander dem Großen stattgefunden. Wir stehen hier in der ältesten kontinuierlich besiedelten Stadt der Welt - wir haben nicht vor, zu scheitern".

Massud Barzani (Präsident der Autonomen Region Kurdistan): Wir Kurden sind ein Teil der Lösung