Zum Hauptinhalt springen

"Es gibt eine Gesamtreform"

Von Brigitte Pechar

Politik

Schmied wehrt sich gegen die Vorwürfe von Pröll. | Zeit der Umsetzung gekommen. | Wien. Finanzminister Josef Pröll hat die Reformen von Unterrichtsministerin Claudia Schmied letzte Woche "Flickwerk" genannt und forderte ein "Gesamtkonzept". Am Dienstag ist die Unterrichtsministerin in den Gegenangriff gestartet. Sie hat vier Experten um sich geschart, die ihr sowohl Dringlichkeit als auch Richtigkeit ihrer Reformen bestätigten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Ich verstehe das nicht. In der Steiermark haben wir das kollektiv nicht verstanden", meinte Bernd Schilcher, einst selbst ÖVP-Politiker und Leiter der Kommission "Zukunft der Schule", in Richtung Pröll. So sei die Neue Mittelschule eine neue Form des Unterrichts. In weiterer Folge soll dadurch auch die hohe Zahl der Drop-outs vor allem aus den BHS gesenkt werden. "Wir zahlen 200 bis 300 Millionen Euro für Drop-outs. Das Ergebnis eines völlig verfehlten Unterrichts", sagte Schilcher.

Bei einer neuen Schule brauche man auch das Sitzenbleiben nicht mehr. Alle Länder, die bereits umgestellt hätten, hätten 1000 Repetenten, in Österreich gebe es jährlich zwischen 40.000 und 50.000, kritisierte Schilcher.

"Taten statt Worte" - das sei ihr Leitspruch, betonte Schmied. Es gebe genügend Studien und Gesamtkonzepte, jetzt sei die Zeit der Umsetzung. Als ihre nächsten Projekte für diese Legislaturperiode nannte Schmied:

* Neues Dienstrecht. Das will Schmied nach den Personalvertretungswahlen verhandeln. Die Schule sei derzeit auf einen Halbtagsbetrieb ausgerichtet. Um vermehrt ganztägige Schulformen anbieten zu können, sei ein zeitgemäßes Dienstrecht mit höheren Anfangsgehältern, auch um den Beruf für Männer attraktiv zu machen, notwendig.

* Gemeinsame Lehrerausbildung. Sie wolle nur die Besten in diesem Beruf, daher werde es auch Aufnahmeverfahren geben. Bis Jahresende sollen dazu Vorschläge vorliegen.

* Leadership an Schulstandorten. Schulleiter sollen Manager sein, die für fünf Jahre bestellt werden mit der Möglichkeit zur Wiederbestellung. Schulleiter müssten sich ihre Lehrer selbst aussuchen können auch mit der Möglichkeit, sie zu kündigen.

Das entspricht auch den Verwaltungsreform-Vorschlägen der Gruppe aus Rechnungshof, Institut für höheren Studien (IHS), Wirtschaftsforschungsinstitut und Kommunalem Dokumentationszentrum.

* Verwaltungsreform. In der Schulverwaltung gebe es vier Ebenen, kritisierte IHS-Chef Bernhard Felderer: Bund, Länder, Bezirksschulräte, Gemeinden. Dadurch würden Ressourcen fehlgeleitet. Das müsse geändert werden, "weil wir sonst den Anschluss an andere Länder verlieren".

Auch Günther Haider, Leiter des Bildungsforschungsinstituts (Bifie), zeigte sich irritiert, dass das Fehlen einer Bildungsforschung beklagt werde. Er verwies auf die Bildungsstandards und die neue Matura. Die Zukunftskommission habe 30 Projekte vorgeschlagen, seit 2006 würden diese umgesetzt.

Unterstützung für ihre Reformen erhielt Schmied auch von internationaler Seite. Bernard Hugonnier, Vizedirektor der Abteilung Bildung in der OECD riet, die Defizite beim Umgang mit Migranten und die frühe Selektion anzugehen.

Kritik übte Hugonnier an der Abschaffung der Studiengebühren, die in allen Ländern üblich seien. Wenn man bei einer Massenuniversität dieselbe Qualität halten wolle, brauche man mehr Geld. In dieser Frage zeigte Schmied zwar Verständnis, verwies aber auf einen SPÖ-Beschluss.