Zum Hauptinhalt springen

Es gibt genug zu tun, lassen wir es sein

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Die wirtschaftliche Lage trübt sich ein. Schlaue Ideen, wohin das Land in den nächsten fünf Jahren steuern soll, bleiben uns die Regierungsparteien schuldig.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Gemessen daran, dass wir in ein paar Wochen Nationalratswahlen haben, erscheint die Qualität der Auseinandersetzung der beiden Großparteien darüber, welchen wirtschaftlichen Kurs Österreich in den kommenden fünf schwierigen Jahren nehmen soll, eher bescheiden angelegt zu sein. Wer nicht gedanklich genügsam genug ist, sich grobschlächtige Arguments-Surrogate wie "Millionärssteuer" (SPÖ) oder "Billigerer Strom" (ÖVP) als wirtschaftspolitische Überlegungen andrehen zu lassen, der wird sich überhaupt schwer tun bei der Spurensuche nach einem ernsthaften ökonomischen Masterplan für 2014 bis 2019, bei Schwarz wie Rot.

Das ist insofern ein wenig irritierend, als Österreich wirtschaftlich zwar im europäischen Vergleich passabel dasteht, die Lage aber zunehmend ungemütlich wird.

Wirklich gute Nachrichten aus der Wirtschaft waren in den vergangenen Monaten nämlich nicht eben häufig; stattdessen gingen freilich jede Menge Unternehmen pleite. Die Arbeitslosigkeit nimmt mit erschreckender Dynamik zu und wäre noch wesentlich höher, gingen die Österreicher nicht nach wie vor in der Blüte ihrer Jugend in den Ruhestand. Nicht weniger beunruhigend sind die Höhe der Staatsschulden und die gewaltige Abgabenlast, die Österreichs werktätige Klassen zu schultern haben. Dass Österreichs Wirtschaft heuer praktisch nicht wachsen wird und auch der Ausblick auf die nächsten Jahre eher verhalten ist, macht die Lage nicht eben besser. Und dass schließlich, vor allem für ärmere Menschen, der tägliche Einkauf zum Horrortrip geworden ist, bemängelte jüngst sogar der Wiener Bürgermeister mit dem Hinweis darauf, dass "jetzt in der Saison Kirschen so viel kosten wie Trüffel".

Es ist also nicht so, dass es keinen Grund gibt, Österreich mit ein paar frischen ökonomischen Ideen wirtschaftlich so aufzustellen, dass die Republik auch am Ende der nächsten Legislaturperiode zu den vitaleren Zonen der EU gehört und eher Teil der Lösung und nicht des Problems ist. Doch wenn die Regierenden einen Plan haben sollten, wie das zu bewerkstelligen sei, verbergen sie ihn gekonnt vor dem Publikum. Österreich, kritisierte erst jüngst Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes, müsse sich "...eine Vision geben, wo es 2030 in einer globalisierten Welt stehen wolle."

Was ja im Umkehrschluss nur bedeuten kann, dass es derzeit an einer derartigen Vision mangelt. Aus dem Mund von Herrn Aiginger, der nicht eben für seine undiplomatische Ausdrucksweise bekannt ist, kommt das glatt einer Rüge gleich.

Auch wenn es etwas unhöflich sein mag, den Sommerschlaf der Regierenden ungebührlich zu stören - aber als Wähler hätte man schon ganz gerne gewusst, ob in den Reihen von SPÖ oder ÖVP irgendwer visionsmäßig einen Plan hat. Oder ob der Plan einfach ist, die nächsten fünf Jahre auf Sicht durch die Krise zu navigieren, was denn doch etwas dürftig wäre. Die Volkspartei hat dazu bisher etwas von einer nicht näher präzisierten ökonomischen "Entfesselung" angedeutet, die Sozialdemokratie eine Anhebung des Frauen-Pensionsalters zu verhindern versprochen. Da drängt sich schon die Frage auf: Kommt da noch was?

ortner@wienerzeitung.at